Freitag, 27. November 2015

BAROCK PROJECT: COFFEE IN NEUKÖLLN

Sie haben ihren musikalischen Horizont erweitert, die 3 jungen Italiener Luca Pancaldi (voc), Luca Zabbini, der Mastermind und Keyboardzampano (keys) und Bassist GB (Giambattista) Giorgi. Sie haben personell abgespeckt und sich von Max Scarcia (g) getrennt.
Wie in ihren beiden bisherigen Arbeiten - "misteriosevoci" und "REBUS" - bildet die sog. "klassische" oder "E"-Musik das Rückgrad ihrer Kompositionen. Mit Ausnahmen, die die Horizonterweiterung nachweisen. So stößt spätestens beim 2. Hören des Titels "Streets of Berlin" der Name TOTO ins Bewusstsein und "Starfull Jack" lässt in den jazzigen Passagen an STEELY DAN denken. In den beiden Titeln  geht's  eben mal mehr in Richtung ArtPop als in die klassische Ecke. Das können sie halt auch. Was aber die Spielfreude und das mediterrane Temperament nicht einengt, sondern befeuert (Flöte O.Zabbini in "Streets...").

In "Coffee in Neukölln" tauchen dann Orffsche Chorklänge neben J.F.Kennedy's legendärem Berlinzitat auf, getrieben von heftigem Pianomotiv und abgeschlossen durch einen markerschütternden Schrei (wonach aber auch?). Der Song allein ist schon das Geld wert.

Und das anschließende "Fools Epilogue" erst recht - das"Kyrie" zuvor ist ein Prelude des Epilog. Hier lebt vom Vorgängeralbum "REBUS" der mozartsche Geist aus "Don Giovanni" wieder auf.
 Man hat immer den Eindruck, dass er spielt, spielt im besten Sinne, nämlich im Sinne der Musik. Das atmet, lebt, stirbt und steht wieder auf. So fällt es schwer, wenn man die CD startet, diese vor ihrem Ende irgendwo zu stoppen. Es entwickelt sich ein Fluß der Ideen, die sinn- und effektvoll komponiert werden. Er - Zabbini - verbindet Pop ("Streets of Berlin") mit Klassik mit Rock und Jazziges darf auch mal sein ("Inside my dreamers eyes" ) ebenso wie Pathos queenscher Art.

Sie drehen schon ein recht großes Rad, diese 3 Jungs aus Italien und das tun sie auf erstaunlich lockere Art. Sie beherrschen ihre eigenen Ansprüche und liefern dem  (Retro-)Progger eine sehr feine Kost, an der er immerzu seine Freude haben kann.

https://vimeo.com/145295815
http://www.barockproject.net/

Die Band:

 
Luca PancaldiVocals
Luca Zabbinialle Tasteninstrumente, Gitarren, Sax
GB GiorgiBass, Gitarre Track 6

  Titel:

1.Back to You07:16
2.Coffee in Neukölln08:20
3.Kyrie01:14
4.Fool's Epilogue10:43
5.Streets of Berlin07:06
6.Starfull Jack06:55
7.Inside My Dreamer's Eyes Part 104:54
8.Inside My Dreamer's Eyes Part 206:26
9.The Lives of Others11:10

Sonntag, 1. November 2015

BAROCK PROJECT : REBUS

Das Debut "misteriosevoci" ließ schon die Prog-/Artrockszene aufhorchen durch die durchgängig hörbare Freude am Musizieren der jungen Italiener. So kommt beim 2. Album, das im September 2009 erschien, noch die Virtuosität hinzu, die Keyboarder Luca Zabbini befeuert und dadurch seine Mitstreiter zu einem Mehr an Spielfreude animiert.
Schon im Opener "Corsa elettronica" tritt er ordentlich auf's Gaspedal und alle müssen mit. Ihm gelingt es mit seinen Keyboardsounds Druck aufzubauen, den er im weiteren Verlauf der CD immer wieder aufnimmt, sodass es nie allzu ruhig wird.
Auch in der mozart'schen "Don Giovanni"- Adaption nicht, das sehr musikantisch verspielt aus den Boxen tänzelt und stark an die leider nicht mehr aktive MOZARTBAND erinnert. Auch QUEEN klingt bohemianisch durch.
Mit "Save your soul" wird das Italienisch sprachlich auf die Seite gestellt und Sänger Luca Pangaldi versucht sich in Englisch, was ihm sehr gut gelingt. Der Titel bietet einen Parforceritt durch Stilarten, die zunächst nicht zusammenzupassen scheinen. Beginnend mit einem Keyboardintro, das an das "fahrende" Volk Mitteleuropas erinnert. Darauf folgt Hardrock der druckvollen Art - man höre die DEEP PURPLE-Hammond! - , abgelöst durch ein Synthiesolo (ein wenig zu lang), dem sich als Schlussteil nochmals das Intromotiv anschließt. Ein nächster Höhepunkt der CD.
"Akery" beginnt mit einem zarten Pianomotiv, dem sich Luca Pangaldi wieder in Italienisch näher annimmt und dem "belcanto" recht nahe kommt. Ein Fanfarenmotiv eröffnet den 2.Teil, die Gitarre übernimmt kurz die Führung, das Tempo nimmt zu, die Keys machen wieder Druck. Man denkt an Manfred Mann's Eartband und auch an PFM. Alles hat Melodie und ist deshalb sehr "cantabile".
Ein rockiger Longsong stellt "Polvere di stelle" dar mit Latino- und jazzigem Baßzwischenspiel. Der Refrain ist stadiontauglich und erinnert an die üblichen Italorockverdächtigen.
Auch der nächste Titel "Duellum" geht druckvoll los mit einem Synthieriff, das antreibt und die ganze Sauße in Schwung bringt. Bis ab 3:05 Hr. Zabbini das Zepter fast alleine übernimmt und den Titel bis zum Ende so furios gestaltet, daß es den Herren Emerson, Wakeman et al sicher auch gut zu Gesicht gestanden hätte. Chapeau!
Man wähnt sich eingangs im falschen Film bei "My enemy"- wieder in englisch gesungen! - , das heavyrockig rüber kommt und einen - was Wunder - singbaren Refrain mitbringt. Mit einem Gitarrensolo klingt der kurze Titel aus. Hei, da haben wir den Gitarristen, auf dem Debut so schmerzlich vermisst - Max Scarcia sein Name. Klingt doch nicht so schlecht, sein Name wie sein Spiel, als dass man ihn auf "misteriosevoci" verstecken musste?
Auch auf "Veleno" darf er zu hören sein, wo er sich solistisch mit Luca Zabbini ablöst. Ein abwechslungsreicher Titel, der mit diversen Stimmungen aufwartet.
"Orione" rockt mainstreamig aus den Boxen ohne dass es peinlich wirkt, aber dennoch nicht gerade ein Highlight des Albums darstellt.
Der Titel "Nostradamus" verspricht mehr Dramatik und die folgt zumindest musikalisch. Nach einem dräuend-ruhigen Intro bricht ein drumbefeuertes Bandgewitter los, in dem noch einmal alles das aufgeboten wird, was das Album bis dahin ausgezeichnet hat.
In "unnamed track" wird geflötet und englisch gesungen zu akustischer Gitarre und kleinem Schlagwerk. Ruhig und gelassen klingt die Scheibe aus. Nunja, ob es da keine Alternative zur Ausblende gegeben hätte...
So findet ein Album sein Ende, das ein Fortschritt zum Debut darstellt, was Eigenständigkeit und Virtuosität betrifft. Luca Zabbini sticht aus der Band heraus, ohne zum Egomanen zu mutieren. Er stellt sich mit allem, was er hat/kann in den Dienst der Band, die ihm willig folgt, wo er die Führung übernimmt. Die Entwicklung der Band bleibt spannend, schaun..ääähh..hören mermal.

Die Veröffentlichung kann auf https://mellowrecords.bandcamp.com/album/barock-project-rebus
in Gänze gehört und heruntergeladen werden gg. einen geringen Beitrag.

https://mellowrecords.bandcamp.com/album/barock-project-rebus

Die Band:
 Giambattista Giorgi           bass

 Giacomo Calabria             drums 

 Luca Pancaldi                    vocals 

 Luca Zabbini                      keyboards, backing vocals, guitars on 4,6,8,10 

 Max Scarcia                       guitars 

 Gastmusiker:

 Simone Sitti                       guitars on 7 

 Onelio Zabbini                   flute on 4

Sonntag, 4. Oktober 2015

BAROCK PROJECT : MISTERIOSEVOCI

Der "Löwe" verweigert die Übersetzung des Wortes "misteriosevoci". "misteriose" kriegt der Exlateiner gerade noch als " geheimnisvoll, rätsel- bzw. schleierhaft" einigermaßen griffig übersetzt. Aber die Eingabe  "voci" ergibt nichts Eindeutiges. Der erfahrene Italiener weiß sicher besser damit umzugehen.
Es handelt sich  beim "BAROCK PROJECT" um eine damals (2006) junge italienische Band, die am Proghorizont auftauchte. Scheinbar gitarrenbefreit - zumindest findet die eindeutig hörbare E-Gitarre im Begleitheft keine Erwähnung. Mit italienischem Lead- und Backgesang ( denglish, furchtbar!), keyboardgestützt  mit solidem Baß- und Drumunterbau bieten die Jungs einen Retroprog an, der sich an den Urvätern PFM und - offenbar unvermeidlich - ELP orientiert. Auch kann man DP und PROCOL HARUM z.B.im Track 7 " entdecken.
 Nr. 8, "Volo", beginnt eindeutig mit einer Akustikgitarre. Ähh, wer spielt? Warum diese Geheimnis....achja, der Albumtitel, jetzt hammers! Es geht weiter mit Barockanklängen, die dem Projektnamen seine Berechtigung geben.
Immer wieder werden wie in "Gentile Direttore" swingende Impros eingestreut, die das gewiss nicht schwergewichtige Klangbild noch weiter auflockern und so das Hören des Werkes zum erfreulichen Erlebnis werden lassen. Auch wenn Titel Nr. 2 "Senza recole" ein wenig radiokompatibel klingt (auch hier die Frage: wer spielt die flockige Gitarre?).
Das Intro von "Eclissi" erinnert dann sehr an ELP, um dann in eigene Italoproggefilde zu tauchen.
So findet man immer wieder Rückgriffe auf Bekanntes ohne dass es nach Plagiat klingt.
Keyboarder Luca Zabbini trägt die Hauptlast der Kompositionen, unterstützt von Drummer G.Giorgi und G. Calabria, die bei 6 Songs die Worte beisteuern. Was Hr. Zabbini komponiert lässt sich durchweg gut hören und unterhält auf angenehm kurzweilige Art.
Die Italiener liefern eine Arbeit ab, die für die nächsten Würfe Gutes erwarten lässt. In diesem Sinne - empfehlenswert. Nur - wer ist der Gitarrist?

http://www.barockproject.it/

 Die Band:

Luca ZabbiniKeys, Vocals
Luca PancladiVocals
Giambattista GiorgiBass
Giacomo CalabriaDrums
???                                     guitars

Titel:

1.La Danza senza fine6:03
2.Senza Regole4:55
3.Eclissi9:42
4.Anima4:53
5.Odio5:17
6.Quella Che Resta4:23
7.Premonizioni5:54
8.Volo4:27
9.Gentle Direttore3:41
10.Luce4:01
11.Un altro Mondo7:08

Montag, 15. Juni 2015

NEAL MORSE BAND : THE GRAND EXPERIMENT

Schön,einfach schön. Das Thema "Das große Experiment" so umzusetzen hat schon Stil. Ich spreche von "de Dampfmaschine" auf der Covervorderseite.
Es macht den Inhalt - den musikalischen - mindestens ein wenig transparent. Denn:  der Titel suggeriert im Jahre 2015 dem NealMorse-Kenner, dass es etwas Neues gibt aus dem Hause Morse. Es sei vorweggenommen: der Titel "Das große Experiment" führt grandios in die Irre. Was sich hier mit Fortdauer der musikalischen Erscheinung zeigt, ist weder "groß" noch ein "Experiment". Es ist schlichtweg solide Morse'sche Hausmannskost aus der Retroprogküche ("Alive again"), gut abgehangener Retrorock mit ein wenig Popeinschlag ("The grand experiment"), eine Verneigung vor CSN, Eagles et al ("Waterfall") und ein unsäglicher Fehltritt mit "Agenda". Was hat den guten Neal da geritten, diesen Ausschuss auf die CD zu nehmen?  Einzig das Intro "The call" vermag an seine stärksten Werke (z.B. "Momentum","?") anzuknüpfen.
Also kann man den Titel dieses Werkes als Etikettenschwindel bezeichnen, was das musikalische Programm betrifft. Diesen Eindruck hätte man etwas verwischen können, wäre auf der CD ein Song gelandet, der leider nur auf der Bonus-CD der Limited Edition erschien. Ein Cover aus den 60ern hat Morse mit seiner Band so bearbeitet, dass er die Patina des Oldies fast verlor. Es handelt sich bei "Mac Arthur Park" um einen - man verzeihe mir den angestaubten Begriff - Evergreen, der hier neu zu glänzen beginnt. Schade, sehr schade, dass er den Weg auf die erste CD nicht fand. Er hätte an Stelle von "Agenda" diese sehr aufgewertet. Weil es der Band gelingt, diesem Song seinen innewohnenden progrockigen Charakter herauszuschälen und damit die Kitschfalle souverän zu überspringen. Stattdessen gibt es kraftvolle Soli und mächtig Rockdampf. So bekommt die Dampfmaschine auf dem Cover durchaus seine Relevanz im Musikalischen. Also wenn Kaufen, dann die Ltd.Edition, bitteschön!
Die Musiker sind über jeden Zweifel erhaben, Mikey (Portnoy) macht wie gewohnt mächtig Dampf, Neal beherrscht sein Instrumentarium souverän, Randy George liefert ein stabiles, dabei auch bewegliches Bassfundament. Hervorheben möchte ich den jungen Gitarristen Eric Gilette, der sehr schöne, teils knackige Soli bietet. Steve Morse ist da nicht (mehr) weit...
So bekommt man ein gutes Morsewerk, das das eine/andere Schwächeln zeigt. Aber bei dem Output, das der Mann in den letzten Jahren liefert, darf er sich das mal leisten, gell?

http://www.nealmorse.com/

Die Band:
Neal Morsevocals, guitar, keyboards
Mike Portnoydrums
Randy Georgebass
Eric Gilletteguitar, vocals
Bill Hubauerkeyboards, vocals

Titelliste:
Disc 1
1.The Call10:15
2.The Grand Experiment5:30
3.Waterfall6:32
4.Agenda3:45
5.Alive Again26:42
Gesamtlaufzeit52:44
Disc 2
1.New Jerusalem (Freedom is Coming)7:30
2.Doomsday Destiny5:27
3.Macarthur Park11:07
4.The Creation (recorded live at Morsefest)18:40
5.Reunion (recorded live at Morsefest)9:42
Gesamtlaufzeit52:26
http://babyblaue-seiten.de/index.php?bandId=53&content=band&left=newReviews2&top=reviews
https://www.youtube.com/watch?v=TPcyhGqbSk8
https://www.youtube.com/watch?v=qHZeNNEf6R4

Sonntag, 17. Mai 2015

MRS.KITE : A CLOSER INSPECTION

Da sagt man ganz naiv und unschuldig "Ja" auf die Frage:" Willste mal unsere CD rezensieren?" und bekommt dann einen solchen Ausbund an Einfällen in Arrangement und Komposition auf den Player gebeamt.  MRS.KITE sind in/um Köln beheimatet und nannten sich bei ihrer Gründung schon selbstbewusst "IT'S US". Unter diesem Namen nahmen sie eine CD auf mit dem eingängigen Titel:„...and a laughing white monkey will greet you as you pass the gates of slumberland...“, welches 2007 mit dem "Deutschen Rock&Pop-Preis" ausgezeichnet wurde. Das gleiche Schicksal wurde auch dem nun aktuellen Werk 2013 zuteil. Hat's jemand gemerkt? Warum nicht? Eine Frage, deren Antwort nur Insider beantworten können, wenn überhaupt. An der Musik wird es nicht gelegen haben. Wobei - radiokompatibel ist sie sicher nicht. 
Die 48 Minuten Spielzeit verteilen sich auf 2 über 11minütige Longtracks, 2 6- bzw. 7 Minuten mittellange Stücke und 3 kürzere Titel.
 Das mehr als 4minütige "Intro" zeigt schon auf, wo es auf der CD langgeht: ruhiger Beginn mit Keyboardflächen und Mellotronmotiv, in leicht dräuender Stimmungslage. Wie auch das Coverbild passend signalisiert. Ein Pianomotiv löst mit akustischer Gitarre ab,  jazzig-bewegliches Schlagzeug begleitet, metalische Riffgitarren übernehmen das Motiv mit entsprechender Härte (Sieges Even schauen kurz um die Ecke) - Ausklang in der Ferne. 
Das sind im wesentlichen die Elemente, auf denen sich die folgenden Songs aufbauen. Allerdings kommen als Melodieträger noch Solo- und mehrstimmiger Gesang hinzu. Gerade in den Soloparts erweist sich die Stimme als etwas dünn. Man hat hier und da das Gefühl, dass die Stimme kurz vor dem Absturz steht. Stark dennoch entwickeln sich die Gesangspassagen, in denen diese Stimme mehrstimmig Kontraste zu den harten Instrumenten zu setzen in der Lage ist. Von dieser Spannung und den überraschenden Orgel/Gitarrenbreaks lebt diese Platte. 
Es wird auf hohem Niveau musiziert und nach wenigen Durchgängen kann man nachvollziehen, warum dieses Werk die Juroren des Deutschen Plattenpreises überzeugt hat. Ein starkes Stück modernen Progs, das für die Zukunft einiges erwarten lässt.

Kleine Einschränkung: Ausblende am Schluss wie im letzten Titel geht im Prog nach m.M. nicht (mehr).

http://www.mrskite.de/

Die Band:
Florian Schuchlead & backing vocals, piano, organ, synth
Philipp Verenkottedrums, percussion
Ferdinand Schuchacoustic & electric guitars, backing vocals
Lukas Christenbass

Titel:
1.Intro4:21
2.Break Of Day6:19
3.An Inveterate Optimist7:09
4.A Closer Inspection11:27
5.Good Morning3:39
6.Dancing Mew Gull3:56
7.Off Shore11:08

Samstag, 4. April 2015

QUANTUM JUMP: BARRACUDA

Das zweite Album der Truppe um Mastermind Rupert Hine erschien ein Jahr (1977) nach dem Debutalbum, das außer dem Hit "Lone Ranger" kaum Aufmerksamkeit erregte. Aber die Rezension in der damaligen Szenepostille "SOUNDS"  - Zitat: "...Es passiert heutzutage nicht oft, dass unsereins mit heruntergeklappter Kinnlade vor den Boxen sitzt und dann alle Leute bequatscht, sich diese Platte anzuhören. ..." Zitatende - weckte die Neugier des Rezensenten und der machte sich auf, das Album zu erwerben, nur die Worte des guten Manfred Gillig vor Augen, blind vertrauend auf die (Geschmacks)kompetenz des Kritikers. Es gab keine Enttäuschung, aber auch keine Euphorie. Die Musik gefiel. Und sie gefällt auch heute - 37 Jahre später - immer noch. Warum? Weil sie zeitlos und immer noch frisch daherkommt, will heißen, dass sie zwar ein Kind ihrer Zeit ist, aber sich nicht dem Mainstream der damaligen Zeit angebiedert hat. Auf der Platte ist Pop, ohne Zweifel. Aber einer, der erwachsen ist, der seine pubertäre Phase hinter sich gelassen hat. Da ist jede Komposition ausgereift, es gibt keine Wischiwaschiexperimente. Im Gegenteil, man verwendete gepflegtes Können - genannt seien Elkie Brooks (voc), das Penguin Cafe Orchestra, Geoffrey Richardson (g,viola,fl) als "Gast"musiker - und einen sorgfältigen Umgang mit der Studiotechnik. Ich verweise auf das aufnahmetechnisch und arrangementmäßig sehr gepflegte Handling mit den Solo- und Chorstimmen. Auch heute noch vorbildhaft! Die einzigen Zugeständnisse an den damaligen Zeitgeist sind die Ausblendungen am Ende der Songs.
Um den raffiniert komponierten und arrangierten Titelsong "BARRACUDA"  - mit Elkie Brooks als Gastsängerin - gruppieren sich auch heute  nicht weniger interessierende Songs zwischen Funk,Pop und Angejazztem.
Der eigentliche "Star" der mir vorliegenden Ausgabe von Esoteric Recordings (2015) ist die 2. CD, die ein BBC Radio One-Liveauftritt vom 16.Juli 1977 der Truppe. Sie bezeugt, dass die Songs auch live bestens funktionieren und nicht nur das spärlich vorhandene Publikum sondern auch den Konservenkonsumenten zunehmend Spass an der Musik haben lassen. Und um mehr oder weniger geht es hierbei nicht Spass haben, unterhalten werden ohne Plattheiten oder Peinlichkeiten. Die Songs klingen naturgemäß etwas rauher, direkter, aber auch durchsichtiger als die vergleichbaren Studiotakes.
Angeboten wird ein Mix aus den 2 StudioLPs, wobei "No american starship" ein wenig abfällt. Vlt. hatte man kleine Abstimmungsprobleme. "Over Rio" wird vocal in die Nähe der TALKING HEADS ("Psychokiller") gerückt, "Barracuda" fehlt zwar die Stimme von Elkie Brooks vom Original, dennoch kann die Liveversion fesseln aufgrund der Komposition bzw. des raffinierten Arrangements, das  progressive Elemente aufweist. Auch "The Seance" kann seine Nähe zur lässigen Seite von TALKING HEADS nicht verleugnen. Die Hitsingle "Lone Ranger" vom Debutalbum reißt auch live mit. Den Abschluss bildet "Starbright Park", ein funky Song, bei dem Geoffrey Richardson seine Viola ein wenig in den Vordergrund stellen darf. Der Gitarrist ist übrigens beim Liveset ein gewisser Roye Albighton , ex-Mitglied bei NEKTAR.

Insgesamt eine lohnende Anschaffung für den Proggy, der die Berührung mit reifem Pop nicht scheut.

 Die Band:
Rupert Hinekeyboards & other keyboards, vocals
Trevor Moraisdrums, percussion
John G. Perrybass guitar, vocal

Gastmusiker

Geoffrey Richardsonacoustic & electric guitar, viola, electric viola, Kentish wheeze flute, Ilkley brain flute
Ray Coopermultifarious percussion
Paul Keoghacoustic & electric guitar
Elkie Brooks              vocals on "Barracuda"
Simon Jeffesarrangements
The Penguin Cafe String Ensemble
The Tower Of Lowther Horn Section
Roye Albighton         g auf CD2

 Titel CD1:
1.  Don't look now                   4:13
2. The Seance                          3:45
3. Barracuda                            6:07
4. Starbright Park                    5:47
5. Love Crossed                      6:43
6. Blue Mountain                    3:45
7. Europe on a dollar a day     3:43
8. Neighbours                          6:41
9. Summer in the city(cover)  4:03
10.Take me to the void again  3:41
11.Don't look now(remix)       3:34
12.Barracuda(remix)               5:56

Titel CD2: BBC Radio One 16.7.1977
1. No american Starship          4:31
2. Over Rio                              4:29
3. Don't look now                    4:14
4. Barracuda                             8:28
5. The Seance                           4:57
6. The Lone Ranger                  4:09
7. Starbright Park                      6:48
8. Don't look now (single version) 3:34
9. Love Crossed (single B-side)     4:04
10.Blue Mountain (remix)              3:34
11.Neighbours (remix)                    6:19


Sonntag, 15. März 2015

QUANTUM JUMP: dto.

QUANTUM JUMP? Quantensprung?- Wer is'n das denn? Werden sich die Jungen fragen. Und die Altvorderen werden sich auch - wenn überhaupt - nur dunkel an diese Truppe um Rupert Hine (The Fixx, Rush, Saga, Thinkman etc.) erinnern. Als  Gründungsdaten werden die Jahre 1972 - 74 genannt; fest steht, dass das Debut QUANTUM JUMP im Juni 1976 als Electric TRIX 1 veröffentlicht wurde.
In den Farmyard Studios trafen sich zu den Aufnahmesessions Rupert Hine an den Keyboards, Trevor Morais (The Peddlers) an den Trommeln und Becken, von CARAVAN kam John G. Perry mit seinem Bass und Mark Warner (Kevin Ayers) an der Gitarre. Es entstand ein Mix aus Artpop ("No american starship"), Funk/Soul, Pop und Rock - durchaus auch mit progressivem Einschlag.
Gleich der Opener "CAPTAIN BOOGALOO" sorgt mit seinem hüpfenden, funky Rhythmus und den abwechslungsreichen Vocals für einen Hinhörer.
"OVER RIO" beginnt mit einem Bassriff, setzt sich als Funknummer mit Bläsersatz fort, nimmt eine kurze Popschleife als Übergangselement um wieder in den Funk zurück zu kehren. Diese Wendung wiederholt sich und so entsteht ein Track, der schon mal 3 Genres in sich vereint.
Ein erster Höhepunkt wird gleich mit der Eröffnung von "LONE RANGER" erreicht. Die klärenden Worte zu Beginn wurden nach langer Suche für passend gefunden. Es handelt dabei sich  - so die Quellen stimmen - um den Namen eines Berges in Neuseeland. Aus diesem Zungenbrecher entwickelt sich ein Artpopsong, der sich durchaus mit den besten "10cc"- und "801"- Songs messen kann. Überhaupt ist die musikalische Nähe zu den Genannten durchgängig ohrenfällig.
So auch "NO AMERICAN STARSHIP": ohrwurmmäßig eingängig, mit schönen Gitarrenfills, swingendem Rhythmus und fast hymnischem Schluss, begleitet von rockigem Gitarrensolo.
Dann scheint es ruhiger zu werden mit "ALTA LOMA ROAD", das als Rockballade angelegt ist, in seinem Mittelteil aber ein derart losgehrockigen Ausbruch aufweist (Min. 2:20), der an CARAVAN ("FOR GIRLS..."-Phase) erinnert, dass man sich verwundert die Ohren reibt. Auffallend auch hier ist die Sorgfalt, die auf die Arrangements der Vocals gelegt wurde.
Und so wird es ein wenig proggy, denn "COCABANA HAVANA" hält auch einen hochenergetischen Improvisationsteil parat, eingebettet in einen latinfunkigen Artpoptitel. Man bricht auch hier Genregrenzen auf.
"CONSTANT FOREST" ist ein ruhig fließendes Instrumental, leicht jazzy, die Melodie fast unisono von E-Piano und Gitarre vorgetragen. Eine Ruheinsel bis es mit dem 4-teiligen "SOMETHING ON THE BOTTOM OF THE SEA" zum großen Finale geht. Anfangs wird's jazzrockig bis zur Minute 4:25.  Ein einfaches Bassmotiv leitet ein, Keyboardflächen sorgen für ein ruhiges Schweben, die akustische Gitarre umgarnt solistisch den schleppenden Rhythmus - die unvermeidliche Ausblende (Achtung:Zeitgeist!) beendet die Originalausgabe der LP(CD).
Esoteric Recordings nahm sich dieses Werkes im Jahre 2014 nochmals an und remasterte die Originale. Wie heute üblich ergänzte man das Original mit sog. Bonustiteln. DRIFT überrascht mit stark an MAGMA angelehntem Arrangement. Es kommt allerdings nicht so bedeutungsschwanger und düster wie die Zeuhlurgesteine. Interessant!
Die 79er Remixe von Captain Boogaloo/The Lone Ranger/Over Rio/No American Starship bringen keine wesentlichen Unterschiede zu den Originalen.
Insgesamt eine lohnende Anschaffung für den (art)popaffinen Proghörer, der sich in die Vergangenheit wagt und sich gerne überraschen lässt.

https://rupert-hine.squarespace.com/

 Die Band:
Rupert Hinelead vocals, keyboards, multilectras varium
John G. Perrybass guitar, vocals
Trevor Moraisdrums, percussion
Mark Warnerguitars, vocals
Gast:
Ray Cooperpercussion
Morris Pertpercussion

Titel:
1.Captain Boogaloo4:19
2.Over Rio4:22
3.The Lone Ranger2:55
4.No American Starship4:55
5.Alto Loma Road4:46
6.Cocobana HAvana5:10
7.Constant Forest2:17
8.Something At The Bottom Of The Sea - Stapping Stones   (Part 1: Stepping stones)1:11
9.Something At The Bottom Of The Sea - The Roving Finger   (Part 2: The roving finger)2:02
10.Something At The Bottom Of The Sea - Stepping Rocks   (Part 3: Stepping rocks)1:16
11.Something At The Bottom Of The Sea   (Part 4: (flatline...))3:41
12. Drift (original 'The lone ranger' single B-side)3:10
13.Captain Boogaloo (Mixing version)4:41
14.The Lone Ranger (Mixing and hit single version)3:19
15.Over Rio4:22
16.No American Starship4:52
http://babyblaue-seiten.de/index.php?albumId=5418&content=review


Montag, 12. Januar 2015

VARIOUS ARTISTS: CELEBRATING JON LORD (CD/DVD/VINYL-SINGLES)

Jedes Jahr findet in London eine Benefizgala in der altehrwürdigen Royal-Albert_Hall statt. Die Tantiemen und Erlöse gingen dieses Jahr an die Sunflower Jam und die Jon Lord Fellowship zur Krebsforschung. Und damit haben wir schon den Namen, der in diesem Jahr - am 4.April 2014 also - im Mittelpunkt dieses Events stand: der 2012 und damit zu früh verstorbene Musiker Jon Lord.
Man muss es eigentlich nicht mehr erwähnen, aber der eine/andere jüngere Leser vermag mit dem Namen Jon Lord evtl. nicht gleich etwas anzufangen wissen. Er war in den mittleren 60er Jahren als Mitbegründer von DEEP PURPLE, eine der Rockbands, die den Rock maßgeblich mitprägten und auch öffneten für - vor allem - klassische Musik. Dies taten auch andere, aber er - Jon Lord - hatte 1969 mit dem CONCERTO FOR GROUP & ORCHESTRA ein Meilenstein gesetzt im Bemühen der Verschmelzung der beiden Musikrichtungen.
Leider ist an diesem 4.April 2014 davon nichts zu hören. Dafür gibt es Reminiszensen an den Komponisten auf der 1. CD, auf der sich seine kleineren Kompositionen für Orchester und Band finden, die er primär auf seinen Soloalben veröffentlichte. Paul Mann, der das ORION ORCHESTRA mit viel Einfühlungsvermögen und Energie durch die ganze Bandbreite des musikalischen Schaffens Lords leitet, ist für sich schon wg. dieser Leistung ein Winner des Abends. Er hatte auch 1999 das LSO geleitet, als das CONCERTO... nach vielen Jahren der Versenkung mit DEEP PURPLE wiederaufgeführt wurde.
Aus diesen Kompositionen stechen mit Sarabande, Bourrée und Fantasia die eher rhythmisch betonten Stücke hervor. Mit Pictured within gefällt auch ein sehr ruhiger Titel, nicht zuletzt, weil mit Miller Anderson ein Sänger sich des Titels annimmt, für den dieser in die Stimme geschrieben zu sein scheint. Gänsehaut lässt sich nur schwer vermeiden.
Die 2. CD widmet sich der Frühphase des rockmusikalischen Schaffens Lords. Einige Begleiter aus jener Zeit sind in die großartige Royal Albert Hall gekommen um ihrem Kollegen ihren musikalischen Respekt zu zollen. So Paul Weller, Micky Moody, Bernie Marsden, Glenn Hughes und Bruce Dickinson (was hatte der mit Lord zu tun?). Sie bringen einige eher unbekannte Titel zu Gehör. Bis auf Burn, das auch Rick Wakeman auf die Bühne lockt.
Die 3.CD der Box ist ganz seiner Stammband überlassen, der er, mit einer gewissen Auszeit, die Treue gehalten hatte. Die aktuelle DP-Besetzung beginnt mit 2 Titeln ihres letzten Albums Now what? um dann die Gassenhauer Lazy, When a blind man cries, Perfect Strangers und Black Night
abzufeiern. Mit der wiederum sehr effektiven Begleitung des Orchesters, das zeigt, dass ein Orchester doch rocken kann. Hervorzuheben ist das geniale Duell von Don Airey an der Orgel und dem Violinisten Stephen Bentley-Klein. Ein echtes Highlight in Lazy. Apropos Don Airey - ein Keyboarder, dem man die Spielfreude jede Sekunde anhört und auf der BluRay auch ansieht. Ein bisher verkannter Musiker?
Nach Black Night folgt dann als "Rausschmeißer" Hush, einem Covertitel (Original v. Joe South), mit dem DP 1968(!) der Durchbruch gelang. Hier geben sich alle versammelten Musiker nochmal final
die Kante und lassen es richtig rocken - im Stile des Jon Lord. Witzig kommt ein Yes-Zitat um die Ecke, das Rick Wakeman etwas merkwürdig interpretiert, als sei es ihm unangenehm. Nach dem 3. Versuch nimmt er es dann doch auf...Episode am Rande.
Dann feiert die ganze Royal Albert Hall und alle sind happy nach diesem rundum gelungenen Konzertabend, den alle einem zu verdanken haben: Jon Lord!
Die goldfarbene CELEBRATION-Box kommt mit einem T-Shirt, einem Notenblatt von Sarabande in Kopie, 2 Vinyl-Singles, 3 CDs und einer BluRay mit komplettem Konzertfilm & 60 Minuten Doku sehr aufwendig und geschmackvoll (keine Schals, Murmeln u.a,) daher. Für den Lord- und DEEP PURPLE-Fan sicher ein Muss.

http://jonlord.org/

Titel

The Composer
  1. Fantasia from Sarabande
  2. Durham Awakes from Durham Concerto
  3. All Those Years Ago (with Steve Balsamo and Micky Moody)
  4. Pictured Within (with Miller Anderson)
  5. Sarabande from Sarabande (with Rick Wakeman)
  6. One From The Meadow (with Margo Buchanan)
  7. Bourrée from Sarabande
  8. Afterwards (with Jeremy Irons and Paul Mann)
The Rock Legend
CD1
  1. Things Get Better (feat. Paul Weller)
  2. I Take What I Want (feat. Paul Weller and Micky Moody)
  3. Silas and Jerome (feat. Phil Campbell from The Temperance Movement, Ian Paice and Bernie Marsden)
  4. I’m Gonna Stop Drinking (feat. Phil Campbell from The Temperance Movement, Ian Paice and Bernie Marsden)
  5. Soldier of Fortune (feat. Steve Balsamo, Sandi Thom and Micky Moody)
  6. You Keep On Moving (feat. Glenn Hughes, Bruce Dickinson, Ian Paice, Don Airey and Micky Moody)
  7. Burn (feat. Glenn Hughes, Bruce Dickinson, Ian Paice, Don Airey and Rick Wakeman)
  8. This Time Around (feat. Glenn Hughes)
CD2 Deep Purple celebrating Jon Lord
  1. Uncommon Man
  2. Above And Beyond
  3. Lazy
  4. When A Blind Man Cries
  5. Perfect Strangers
  6. Black Night
  7. Hush (feat. Bruce Dickinson, Rick Wakeman, Phil Campbell, Bernie Marsden and Micky Moody)
BluRay mit allen Titeln + 60 Min.Doku

https://www.youtube.com/watch?v=wvhkdTtJIck