Dienstag, 28. November 2017

KING GIZZARD & THE WIZARD LIZARD - POLYGONDWANALAND

Schon der Name der Band in Kombination mit diesem knallbunt, motivig schrägen, dennoch aufgeräumten Cover macht neugierig.

KING GIZZARD & THE WIZARD LIZARD kommen aus Australien.

 Soweit,so gut.

Das könnte als erste Orientierungshilfe reichen um das zu Erwartende zunächst ganz grob einzusortieren. Nach dem ersten Hör kann man schon sagen: Jou, 's ist australisch - typisch - irgendwie.

Die Band selbst lässt sich bei bandcamp unter den tags alternative - garage - soul - surf(!) verorten.

Die Band, die sich 2010 in Melbourne gründete, begann 2012 mit der Veröffentlichung von full-length Alben. Davon gibt's bis heute 12 - in Worten: zwölf. Das hier besprochene 12. Album bietet als Bonus den Charme, dass es frei verfügbar ist. 's kostet also nix,lau,nada (per download).

Die Musik darauf weist einen Trend zum Archaisch-exotischen auf, die Melodien sind einfach-eingängig, werden begleitet bzw. getragen von einem reichen Instrumentarium, teilweise akustischer Natur, aber auch elektronisches wie Synthies sind zu hören. Der Opener "Crumbling Castle" groovt schon mal los mit einem fließendem Gitarrenriff und dem schon erwähnten einfachen Gesang, meist mehrstimmig, der einen Hang zum Obertongesang aufweist, wie man ihn aus Fernostgefilden kennt. Kombiniert mit ruhigen Flötenpassagen ergibt sich ein Hörsog (geht das?Jepp, das geht!), dem man sich kaum entziehen kann. Das Ganze endet in einer Kakophonie, die von der Mundharmonika eingeleitet wird und unter gütiger Mithilfe von Metalgitarren den griffigen Refrain zu Ende reitet.

Etwas Aufatmen ist angesagt nach diesem energischen Einstieg. Dieses Aufatmen bietet der Titelsong des Albums "Polygondwanaland". Wer denkt da nicht gleich an's Outback, das (B)innenland des australischen Kontinents? Akustische Instrumente wie Gitarre stehen im Vordergrund zusammen mit E-Bass, der die Grundlage bietet. Im Mittelteil wird auch geflötet, wobei nicht klar hörbar ist, ob's dabei Unterstützung durch mellotronics gibt. Markant ist auch der zurückgenommene,aber mehrstimmige Gesang, der dennoch soviel Präsens entwickelt, dass er sich uhrwurmartig in die Gehörgänge bohrt.
Ohne Pause schließt "The Castle in The Air" an, die Stimmung bleibt gleich, etwas Geheimnisvolles schwebt zwischen den Tönen, auch hier bleibt die Akustische im Vordergrund, Elektronics füllen auf, die Stimmen sind wieder mehrere, der Groove treibt, es geht vorwärts.
"Deserted Dunes..." wird eingeleitet durch ein Bassriff, in das die E-Gitarre einsteigen bis die gesungene Mehrstimmigkeit deutlich die Führung auf prägnante Weise übernimmt. Elektronische Spiele - ich schreibe bewusst nicht Spielerei - übernehmen. Sie verweisen deutlich soundtechnisch auf Floyd'sche Einflüsse aus der "Dark side"-Phase.
Die Titel 2-4 hängen stimmungs- und arrangementmäßig so zusammen, dass man sie auch als ein (Long-)song hören kann.
Mit "Inner cell" ändert sich die Stimmung nicht, auch die Instrumentierung bleibt wie gehabt. Wird's deshalb langweilig? Nein, der Soundmix fesselt noch immer. Das ändert sich auch bei den nächsten Titeln nicht. Wie sie das schaffen? Durch Spiel- und sachte Experimentierfreude , die den/die HörerIn wach bleiben lässt.
Das Finale bildet "The Forth Colour" mit Tempo, Gruppengesang, Mundharmonika, achja und durch 2 Schlagzeuge(r), die diesen durchweg über das ganze Album federnden Drumsound besorgen. Die letzte Minute wird dann nochmals abgerockt, was das Equipement hergibt. So muss das sein!

Sie sind sympathisch-seltsam, diese Aussies. Sie lassen sich nicht in eine Schublade packen. Mich erinnern sie in ihrem Anderssein an die Esperantofinnen DOLCXAMAR. Die Aussies scheinen musikalisch des gleichen Geistes Kinder zu sein. Sie entwickeln ihren eigenen Soundkosmos und nisten sich nachhaltig in die Gehörwindungen ein. Von daher haben sie einen Fuß mindestens in der Progtür und sind für einen Lauschtest empfohlen.

https://kinggizzard.bandcamp.com/album/polygondwanaland

Die Band:

Stu Mackenzie – vocals, lead guitar, flute, keyboards, clarinet, sitar, double bass, bass guitar, zurna
Ambrose Kenny Smith – harmonica, keyboards, synthesizer, organ, vocals, percussion, guitar
Joey Walker – lead guitar, setar, keyboards, bass guitar, vocals
Cook Craig – rhythm guitar, keyboards, bass guitar, vocals
Lucas Skinner – bass guitar, keyboards
Michael Cavanagh – drums, percussion
Eric Moore – drums, percussion, theremin

Titel:

1. Crumbling Castle 
2. Polygondwanaland 
3. The Castle In The Air 
4. Deserted Dunes Welcome Weary Feet 
5. Inner Cell 
6. Loyalty 
7. Horology 
8. Tetrachromacy 
9. Searching… 
10. The Fourth Colour 

Sonntag, 26. November 2017

I AM THE MANIC WHALE - GATHERING THE WATERS

Michael Whiteman veröffentlichte 2014 auf bandcamp (wo sonst?) mit "Open your eyes" einen ersten Song. Dabei half ihm David Addis mit diversen Gitarren aus. Das war wohl die Geburtsstunde des Projektes "I AM THE MANIC WHALE" - welch ein Bandname!

Im Jahre 2015 folgte in Reading/England die offizielle Gründung. Im Dezember des gleichen Jahres veröffentlichen sie mit "Everything Beautiful in Time" ihr Debutalbum. Auf ihrer HP nennen sie Neal Morse,Genesis,BBT und die Flower Kings als ihre Vorbilder. Für ihr zweites, nun vorliegendes Album "Gathering the Waters" möchte ich den Kreis um die Namen Kansas, Styx ( Opener "The man with many faces") und vor allem Barock Project erweitern. Kompositorisch und bezüglich der Gesangsarrangements sind die Italiener nicht allzu weit weg. Wobei den Engländern die Klassik als Motivlieferantin nicht so sehr als Quelle dient wie den Italienern.

Wie schon erwähnt eröffnet "The Man With Many Faces" das Album mit unüberhörbaren Bezügen zu Kansas und Styx ohne zu plagiieren. Der Refrain geht sofort ins Gehör und verschraubt sich in den
Windungen. Es wird hier schon deutlich, dass die Band wie aus einem Guss musiziert, locker und flüssig schüttelt sie die Songteile aus den Ärmeln. Den Spaß bei den Aufnahmen geben sie an die Hörer weiter. Das ist schon mal ein Qualitätsmerkmal und eine der Parallelen zu den oben genannten Italienern. Auch die Soli von David Addis(g) können sich hören lassen. Es wird nicht wild herumgekniedelt, sondern songdienlich (so heißt das,gell?) improvisiert.

Während der Opener eher gitarrenbetont daherkommt, übernehmen die Keys (Piano,Orgel,Synt) die Führung im Instrumentalbereich in weiten Teilen von "The Milgram Experiment". Der Gesang liegt eh' über allem und gefällt zunehmend, sowohl was die solistischen als auch die mehrstimmigen Passagen betrifft.
Klavier,Akustikgitarre und Flöte eröffnen ruhig "Lifeboatman" bevor man wieder die Bezüge auf die amerikanischen AOR-Bands aufnimmt. Einflüsse von Bärten / Morse kann ich bisher nicht entdecken, was aber nicht an der Musik liegen muss. Sie bringen dieses Material allerdings so frisch und souverän auf die Rille, dass man die Altvorderen nicht misst. Bombast können sie auch wie dieser Titel mit der Anreicherung von TubularBells, Glockenspiel und großem Melodiegestus beweist. Einfach schön - ein Höhepunkt des Albums, der nicht allzu hoch aus dem eh' schon hohen Niveau herausragt.

"Strandbeest" ist von Beginn an so nah' bei Barock Project, dass man fast an ein Cover denken könnte. Aber nein, der Titel ist original von den Briten, könnte allerdings bei BP etwa auf "Cafè in Neukölln" passen. Sehr schön wirkt das Xylophonsolo gesetzt, das Drummer Ben Harley beisteuert. Der ganze Titel atmet Retro(prog) in einer Art, dass man wegen Suchtgefahr davor warnen müsste. Noch ein Highlight!
Dass sie auch souverän Longsong können, beweisen sie mit "Stand Up", indem sie die Spannung in einem großen Bogen zu  halten vermögen. Sie packen nochmals alle ihre Talente hinein ohne zu überfrachten. Dass die einzelnen Musiker ihre Instrumente beherrschen, wird spätestens in diesem Stück klar.
Großartig wie auf dem ganzen Album sind im Schlusstitel "One (Hopeful Song)" die Gesangsarrangements und die Komposition angelegt. Das Stück ist kein Abgang der leichtgewichtigen Art, sondern nimmt das Thema - musikalisch wie textlich - des Openers wieder auf und rundet so dieses Werk eindrucksvoll ab.

 So findet der/die dem Retro(prog) zugeneigte HörerIn mit diesem Album eine sehr unterhaltsame Musik der frischen und entspannten Art.



https://iamthemanicwhale.bandcamp.com/album/gathering-the-waters

Die Band:

Ben Hartley:                                            drums, percussion, strandbeest xylophone, backing                                                                 vocals 
Jon Murphy:                                            keyboards, murphatron, backing vocals, 2nd lead                                                                     vocal on track 1 
David Addis:                                            electric and acoustic guitars, backing vocals 
Michael Whiteman:                                  bass guitar, bass pedals, 12 string electric and                                                                         acoustic guitars, lead and backing                                                                                             vocals, percussion, strombelief 
Titel:


1.The Man with many Faces7.32
2.The Milgram Experiment7.53
3.The Lifeboatmen11.22
4.Strandbeest13.32
5.I'll Interlude you in a Minute1.25
6.Stand Up18.30
7.One (Hopeful Song)7.49

Mittwoch, 15. November 2017

LUMENS - LUMENS

LUMENS - ist eine argentinische Gruppe, über die ich wenig bis nada an Biographischem in Erfahrung bringen konnte. Jedenfalls kann man auf bandcamp 1.) die Musik anhören, und 2.) bekommt man rudimentäre Infos zu den Musikern. Die da wären:
Rodrigo López Dato - Teclado (keys?)
Läro Bärto - Bajo (bass)
Leandro Caffarino - Batería (drums)
Juan Martín Sesali Maydana -Guitarra. 
Pablo Bianchi - Guitarra 

Damit zurück zu 1 Frage: welche Musik machen denn die Südamerikaner? Sie selbst verorten sich im Rock instrumentale und Mathrock. Kann man nachvollziehen bis zum Mathrock. Der ist eher im Ansatz vorhanden, da manche Stücke zumindest rhythmisch nicht geradeaus rocken, sondern Ecken und Kanten haben. Auch motivisch laufen manche Intros neben der Spur, sprich gegenläufig (CRYSTAL MATH). An anderer Stelle nennen sie die 8 Stücke auch "canciones", also "Gesänge". Diese werden oft mit einem funky(!) Riff eingeleitet (CABLE) und die Gruppe steigt ein und arbeitet - nein,spielt - das Stück mit Impros und Soli aus. Das gelingt ihnen sehr locker und mit Gefühl für Musik, die klingen und unterhalten soll ohne flach zu werden. Immer wieder ziehen sie das Tempo an (BOKEH gegen Ende) oder verschleppen den Schluss (LUMINICA). Um dann die Komplexität anzuheben und den Hörer zu fordern und dessen Konzentration zu fördern (HOJAS ...). Sie überfordern jedoch nicht, denn es gelingt ihnen zu jeder Zeit die schwierige Balance zwischen Ambition und Gefälligkeit zu halten.

Die beiden Gitarren übernehmen den Hauptteil der Arbeit. Wobei - nach Arbeit hört sich das Album nicht an, sondern sehr nach Spielfreude und Spaß an Musik. Die Drums klöpfeln federleicht, der Baß ist sehr beweglich und erinnert oft an den Baßsound von THE RENAISSANCE der '70er. Die Keyboards sind effizient eingesetzt, da gibt es keinen Ton zuviel. Nichts wirkt bombastisch, sondern sehr ausgewogen und klar.

Das Debut der Argentinier überzeugt auch den Komplexrockskeptiker mit seiner Leichtigkeit und klugen Mischung. LUMENS ist eine spannende Truppe und jedenfalls einige Hörs wert - bei bandcamp. LUMENS machen/bringen Spaß, deshalb bekommen sie eine große Empfehlung.

https://lumenslumens.bandcamp.com/releases

Die Band:

Rodrigo López Dato                   Teclado (keys?)
Läro Bärto                                  Bajo (bass)
Leandro Caffarino -                    Batería (drums)
Juan Martín Sesali Maydana     Guitarra. 
Pablo Bianchi                             Guitarra 

Titel:
 1. Cable
 2 Crystal Math
 3. Arbol
 4.
 5. Bokeh
 6.Luminica
 7. Hojas que caen del suelo
 8. Octurno