Sonntag, 22. Juli 2018

WOBBLER - FROM SILENCE TO SOMEWHERE

Retroprog - Retro und Prog(ressiv) - geht das überhaupt? Das ist  der reine Anachronismus, könnte man meinen. Von der Begrifflichkeit her bzw. Sinnfälligkeit kann dies nicht funktionieren - retro und progressiv.
Was ist am 4. Album der Norweger denn progressiv? Ist es die Tatsache, dass sie sich in ihrer Art des Musizierens stark an Bands orientieren - nicht plagiieren und schon garnicht kopieren - die in den Hochzeiten des ProgArtRocks das Maß aller Dinge dieses Genres waren? So z.B. Yes, Gentle Giant,Genesis(?), auch mal ELP?
Im Titeltrack "From silence to Somewhere" lassen sie die o.g. Protagonisten des '70er-Progs ganz gepflegt auftreten und stellen sie mit einer Frische und Spielfreude dar, vor der man nur den Hut ziehen kann. So stelle ich mir Retro vor!. Kein billiges Plagiieren, aber Zitate satt  mit Eigenständigkeit sind ein klares Bekenntnis dafür, wo die eigenen Wurzeln liegen. Dies ist ein Vorzeigestück wie ein Proglongsong aussehen sollte, der die Altvorderen auf deren Augenhöhe würdigt. Ganz stark!
"Fermented Hour" lehnt sich an YES' Relayer-Phase an, "Sound Chaser" ist als Intro nicht zu verkennen. Plötzlich erscheint Mr. Emerson mit einer ihm typischer Hookline an der Orgel, die sich im weiteren Verlauf zu einem "Close to the edge"-Zitat steigert, das abgelöst wird durch einen Verweis auf FOCUS' HokusPokus-Gitarrensolo.
" Foxlight" beginnt mit folkiger Grundausrichtung, was Instrumentarium (Flöte + Akustikgitarre) und Arrangements (Gentle Giant z.B.) betrifft. Im Mittelteil gibt es schwere Mellotronics, abgelöst durch ein Spinett/Cembalo, was nochmals die Konzentration des Hörers schärft. Den Abschluss bildet ein mitelalterlich-folkiger Tanz (GRYPHON!), der den Titel fröhlich ausklingen lässt.
Manch eine britische Band der Neuzeit braucht etliche Kompositionen bzw. ganze Alben und einige Musiker mehr  im Bemühen das gleiche Ziel an Intensität zu erreichen, um es letztlich zu verfehlen.
Fazit: WOBBLER ist mit SILENCE TO SOMEWHERE" ein Album des Jahres gelungen, das etliche Jahre immer wieder den Weg in den Player/ auf den Plattenteller finden wird.
Nochmals möchte ich zurück zum Anfang dieser Zeilen, zur Frage: Retro und Prog - geht das zusammen? In der derzeitigen Rezensensionsgeschichte gibt es die Übereinkunft, dass "Retroprog" ein Teilgenre des Prog ist, das beschreiben soll, dass sich die Ausführenden auf die dunnemals fortschrittlichen Akteure beziehen. So weit so nachvollziehbar. Nur wird mit der laufenden Zeit die Etikettierung nicht einfacher, wenn in 10-15 Jahren sich Bands auf WOBBLER und ä. beziehen...

 https://wobbler.bandcamp.com/album/from-silence-to-somewhere

Die Band:

Andreas Wettergreen Strømman PrestmoGesang, Gitarre, Glockenspiel, Percussion
Geir Marius Bergom HallelandGitarre, Gesang
Lars Fredrik FrøislieKeyboards, Gesang
Kristian Karl HultgrenBass, Klarinette
Martin Nordrum KneppenSchlagzeug, Percussion, Blockflöte


Titel:

1.From Silence to Somewhere20:59
2.Rendered in Shades of Green2:05
3.Fermented Hours10:10
4.Foxlight13:19



Donnerstag, 12. Juli 2018

ROBERT REED - SANCTUARY III

Wenn Robert Reed (MAGENTA,KOMBENDIUM u.a.) wieder mal ein Soloalbum veröffentlicht, dann fragt sich die interessierte Gemeinde: hat er wieder oder hat er nicht? Wenn ja, wie "schlimm" ist es denn? Kann man's arg hören? Ist's tatsächlich noch hötbar? Der Gemeinde kann man nach SANCTUARY III antworten: Ja, er hat's wieder getan. Nur diesesmal hat er des einstmaligen Meisters Werkstatt aufgeräumt und zusammengekehrt. Und er wurde fündig. Für seine Zwecke. Er hat die Phase des MO ab und nach INCANTATION, also PLATINUM, Q2E bis hin zu TRES LUNAS, zusammengefasst und in (s)ein Werk gegossen.
In beiden Teilen finden sich Verweise musikalischer Art - seien es Frauenchöre, Flötentöne oder keltische Ländler - auf die Vorlagen Altfeldschen Schaffens. Was Rob Reed allerdings gelingt, ist, dass er die Eigenständigkeit über seine Spiel- und Kompositionsfreude und Griffigkeit in die Waagschale wirft. Mike Oldfield vermittelt seit Jahren den Eindruck er spiele für sich. Um es positiv auszudrücken - in sich ruhend. Damit auch abgeschlossen ("Return to Ommadawn"). Rob Reed 's Spiel mit den Elementen ist offen, zugänglich, zupackend und - ein Begriff, den man selten in diesem Genre findet - mit Freude.
Somit hat Rob Reed mit seinem gesamten SANCTUARY-Projekt (I - III)  gezeigt, dass er's auch kann. Ich denke nun, dass es mit S III auch gut ist und er sich zu neuen Ufern aufmachen kann. Das Talent und die Mittel hat er.

https://robertreed.bandcamp.com/album/sanctuary-iii,
https://www.youtube.com/watch?v=2pc0mmoYA3k

Musiker:

Robert ReedGrand Piano, Guitars, Bass Guitar, Mandolin, Glockenspiel, Vibraphone, Marimba, Timpani, Banjo, Gong, Drums, Sleigh Bells u. v. a. m.

Gastmusiker:

Tom NewmanBodhrán
Simon PhillipsDrums
Les PenningRecorders, Narration
Angharad BrinnLead Vocals
Micaela HaslamVocal Chants
Joanna Forbes L'EstrangeVocal Chants
Heather CairncrossVocal Chants
Shan CothiOpera Vocals
Gethin LiddingtonTrumpet
Troy DonockleyUilleann Pipes, Whistle
Tracklist:
Disc I 
1.Sanctuary III Part 121.11
2.Sanctuary III Part 220.45
Disc II
1.The Moonsinger Suite   (Chimpan A Remix)21:52
2.Troy's Lament3:14
3.Perpetual Motion3:41
4.El Paso3:03
5.Moonsinger Rising2:17
6.Sanctuary III Part 1   (Tom Newman Mix)21:28
7.Sanctuary III Part 2   (Tom Newman Mix)20:39
Disc III


1.
Sanctuary III Part 1   (5.1 DTS Surround Mixes)21.11
2.Sanctuary III Part 2   (5.1 DTS Surround Mixes)20.45
3.Track By Track Video
4.Demonstration Video
5.Promo Videos

Montag, 11. Juni 2018

HAMADRYAD - THE BLACK HOLE

Nein, einfach machen sie's dem Rezensenten nicht. Wenn man ihre Homepage öffnet, wird man mit Coverversionen diverser Altvorderer begrüßt. So.z.B. LED ZEPPELIN, DEEP PURPLE,THE QUEEN etc. Das lässt schon mal darauf schließen, dass sie sich in der direkten Traditionslinie der Siebziger sehen. Und das hört man auch ihrem aktuellen Album THE BLACK HOLE an, allerdings ohne den geringsten Staubansatz. Und das muss man erst mal können.

Als Rezensent, der sich für in gewisser Weise "seriös" hält, ist man bestrebt, seiner geweckten Euphorie für ein Album, das er aktuell rezensiert, nicht allzu freien Lauf zu lassen. In diesem Fall aber fällt es mir sehrsehr - sehr schwer. Dieses Werk lässt der Reischreiber die Band in die gleiche Liga verorten in der er auch HAKEN, DT  und Verwandte hört. Was sie von den Genannten unterscheidet, ist die Angstfreiheit vor der Eingängigkeit von Melodien, die durchaus Popgefilde berühren dürfen (CRASH). Auch ihre mehrstimmigen Vocals stehen in amerikanischer Tradition der '70er Jahre und sorgen in den entsprechenden Passagen für wohlige Gefühle.

Kollege Peter Meyer beschreibt hier (http://babyblaue-seiten.de/index.php?content=review&albumId=17347&left=reviewer&reviewercont=90&reviewer=90#27037) so treffend das, was auf dem Album geschieht, dass ich nichts von Mehrwert hinzufügen kann.
Mir bleibt nur dieses Album all denen zu empfehlen , die a) noch nichts von HAMADRYAD gehört haben und b) die sie schon kennen - aber die haben eh' schon zugelangt.
PS: Live sind HAMADRYAD wie im Studio ChampionsLeague!

https://www.hamadryadmusic.com/videos

Besetzung

Denis Jalbert                      guitar, vocals

Jean-Francois Desilets  bass, vocals

Sebastien Cloutier         keyboards, vocals

Nicolas Turcotte                 drums

 

Titel:
1. Peaceful Exit           8:04
2. So/By Your Side 10:31
3. Fall n´Fly                   8:42
4. Dark Souls           6:01
5. Crash                   4:53
6. The Worst is Yet to Come 5:42
7. Amora Demonis 2017         7:53

Freitag, 30. März 2018

THE OMNIFIC - KISMET

Faszinierend - 2 Bassisten und ein Drummer aus Australien setzen zum großen Sprung an. Sie veröffentlichen eine EP mit 8 Stücken zwischen gut 2 ("Ersatz") und knappen 5 ("Kismet") Minuten (https://theomnific.bandcamp.com/album/kismet). Was sie auf diesen rund 30 Minuten anbieten ist nicht alltäglich, was nicht nur an der instrumentalen Konstellation liegt. Aus meiner Sicht ist es sehr mutig, ein musikalisches Projekt in dieser Zusammensetzung zu starten. Das vorliegende Ergebnis kann sich hören lassen.

Die 2 Bassisten - Toby Peterson-Stewart und Matthew Fackrell - lassen ihre Bässe nicht nur in den Tiefen des Tonalen grummeln, sondern sie auch Melodielinien entstehen , in denen sie sich die Motive zuwerfen. Dabei vergessen sie den basstypischen Groove nicht. Dass Drummer Jerome Lematua dabei an Präzision und Spielfreude das Seinige beiträgt und stützt, sei ausdrücklich erwähnt.

Ein Drummer und 2 Bassisten sind aber nicht die ganze Wahrheit von THE OMNIFIC. Matthew Fackrell setzt sich zusätzlich ans Keyboard um auf instrumentale Art Stichworte zu liefern mit Motiven, die Ausgangs-  bzw. Ankerpunkte für die Exkursionen der Bässe bilden.
Die 8 Stücke werden mit viel Spielfreude, jugendlicher Frische und großer Präzision vorgetragen. Da ist jeder Ton richtig gesetzt, keiner zu viel und keiner zu wenig.
Mal wieder ein Album, bei dem sich mir nicht die Frage stellt, ob das progressiv ist. Alleine das Instrumentarium ist in dieser Konstellation im Rock nicht oft zu finden. Und der hörbare Spaß am Spiel findet sicher beim entdeckungsfreudigen Proggy dessen offenes Ohr. Deshalb für den 30-Minüter eine dicke Empfehlung.
Allerdings stellt sich die Frage, wie nachhaltig und stabil diese Bandidee trägt. Es ist spannend zu beobachten, wie sich die Newcomer entwickeln werden.

Die Band:

Matthew Fackrell               b.keyb
Toby Peterson                    b
Jerome Lematua                dr

Titel:

1.Proem                        4:33
2.Objects de Vertu        3:31
3.Bugbear                     4:06
4.Kismet                       4:59
5.That's all she wrote   2:41
6.Condemned               3:16
7.Ersatz                        2:13
8.Sonorous Pt.2            4:48

https://www.youtube.com/watch?v=lhtN8KxO7Ns
https://www.youtube.com/watch?v=xCMcC2aEV3w

Mittwoch, 28. Februar 2018

HADAL SHERPA - dto.

Der Bandname allein führt den Hörer womöglich in eine Region, der die agierenden Musiker nicht entstammen. Die Band setzt sich nicht mit Musikern aus dem näheren oder mittleren Orient zusammen, sondern sie kommen aus dem nordöstlichen Teil Europas, aus Finnland. Das von ihnen bespielte Rockinstrumentarium (keys,dr,g,b) ist ergänzt mit Bouzouki,Flöte,Trompete und Cello. Das Album ist gänzlich instrumental, man braucht sich keine Botschaften anhören, sondern kann dem Lauf der Töne, Rhythmen und Melodien folgen. Was auch einen Freiraum beim Hören eröffnet.

Die ersten beiden Tracks "Nautilus I" und "Nautilus II" tragen nicht nur den gleichen Namen, sondern im Teil II finden sich Motive aus "I" in Variation(en) wieder. Die Melodieführung und das eine oder andere Arrangementelement wie doppelte Flöte, Baßriff z.B.erinnert hier an Mike Oldfield. Auch sind immmer wieder Reminiszensen an andere "Altvordere" des Prog zu vernehmen. So verneigt man sich vor "Camel" in "Nautilus I". im Teil II lugen Caravan um die Ecke, in "Abyss" sind Pink Floyd nicht zu überhören.

Finnland hin oder her - der 2.Track "Chapa Azeno" trägt starke balkanesk-orientalische Melodie- und Rhythmuselemente mit sich. Die Gitarren übernehmen das Kommando. Im Klang und Melodie tauchen 60er Jahre auf. Kurz klingen Ventures und Shadows an (wer kennt sie noch?). Später gibt's mehr davon. Einige Takte später wechselt das Bild zu einem Balkantanz.

"Black Elk" entwickelt sich zu einem fiktiven Soundtrack, in dem sogar geschossen wird (kugelsichere Weste nicht vergessen!). Zum Showdown kommen nochmal The Ventures/Shadows zu Wort? Nee, dann lieber zum Ton.

Es wird eine Brücke geschlagen von den frühen 1960ern zu den mittleren '70ern. In diesen Regionen verharrt die Band allerdings nicht dogmatisch, sondern transportiert diesen Gehalt in die Jetztzeit indem man die Arrangements modern gestaltet und entsprechend die Studiotechnik nutzt.

So entsteht beim Hörer ein Gefühl der Zeitlosigkeit, die dieser Musik innewohnt. Die Musik klingt frisch, lebendig; es gibt keine Längen, die Zeit verfliegt wie im Flug ("Ikarus"). Am Ende angekommen, drückt man die Repeattaste... Mehr geht - fast - nicht. Ein ganzganz starkes Debut!

https://hadalsherpa.bandcamp.com/releases

Die Band:

Vesa PasanenGuitars, Bouzouki, Percussion
Ville KainulainenGuitar
Sauli MarilaBass, Cello
Matti ElsinenKeyboards
Ilja JuutilainenDrums, Percussion
Gastmusiker.
Pi KiviharjuFlute
Arttu MuhonenPercussion
Olli RautianenTrumpet


Tracks:
1.Nautilus Part 17:54
2.Nautilus Part 27:57
3.Chafa Azeno9:07
4.Ikaros7:51
5.Heracleion11:15
6.Marracech7:24
7.Abyss9:31
8.Black Elk7:20