Freitag, 15. September 2017

PURE REASON REVOLUTION - HAMMER AND ANVIL

In letzter Zeit ist - zum wiederholten Male - die Frage allenthalben in der Expertenszene (oder die sich dafür hält) zu vernehmen: Ist das noch/schon Prog oder nicht? Dazu gesellt sich aktuell das Statement, dass sich der Progbegriff "unheimlich erweitert" habe. Kann man ja machen, wenn es einem hilft. Aber Beliebigkeit ist kein dauerhaftes Mittel für Erfolg.
Die Schublade, auf der PROG steht, ist eingestandenermaßen schon verd... groß. Jetzt aber hinzugehen und jede Mucke, die über 5 Minuten andauert und mehr als 3 Akkorde umfasst als "Prog" zu bezeichnen, überfrachtet auf Dauer den Begriff und wird mittel- und langfristig diese "Strategie" als billigen Marketingtrick entlarven.

Was hat das mit PRR und diesem Album zu tun? Die Band ist mit DARK THIRD stark in der Welt des Rock gestartet und wurde gleich in die des Prog verortet. Das durchaus zu Recht, weil sie es mit ihrem Debut schaffte Genres wie Industrial, Pop und Riffrock mit Melodien zu verbinden. Und dies mit einer  Leichtigkeit und Spielfreude. Sie schienen zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

 Im Jahre 2009 folgte dann der Tiefgang mit "Amor Vincit Omnia", einem Album, das all dies vermissen ließ, was das Debut versprochen hatte. Man vollzog eine Wende in die '80er mit uninspirierten, einfachen Songs, die sehr angestrengt , bemüht und dennoch kraftlos klangen.

Im Jahre darauf erschien vorliegendes Werk "Hammer and Anvil". Nach dem Intro "Fight fire", das den Hörer mit einfacher Struktur, aber voller Power und lärmig anspringt, versuchen sie wieder in die Spur des 1.Albums zu gelangen, was hier und da zwar gelingt. Aber es fehlt die Leichtigkeit des Erstlings und die Spielfreude. Das Bemühen kann man ihnen nicht absprechen. Auch vermisst man die großen Bögen und damit die Spannung. Was geblieben ist, sind die Stimmen und Refrains, die auch wie im Vorgänger in den '80ern ihre Wurzeln haben ("Black Mourning"). "Patriarch" plätschert vor sich hin mit nettem Poprefrain. So zieht es sich weiter durch die 80er, zwar modern aufgemöbelt, aber das Geschehen bleibt rückwärts gewandt. Das ist komplett - zugegebenermaßen -  gut hörbar arrangiert und unterhaltsam. Die fehlende Komplexität der Kompositionen allerdings reicht nicht für die Progschublade. Dafür ist das musikalische Material recht leichtgewichtig. Moderne Studiogimmiks und Powerdrums wie in "Open Insurrection" reißen das Ruder auch nicht mehr in Richtung Prog.

2011 war dann Schluss mit dem Unternehmen Pure Reason Revolution. Man löste sich auf aus Gründen, die von außen eh' nicht zu beurteilen sind. Jon Courtney zog's nach Berlin, wo er mit einer amerikanischen Sängerin das Projekt "Bullet Height" aus der Taufe hob und eine CD veröffentlichte(2017).

Ein Debutalbum, das ohne großen Widerspruch als "Progressiv" bezeichnet werden darf und 2 Folgealben, die sich in trip-poppigen Gefilden wiederfinden, bleiben bis dato das Vermächtnis dieser Band. Ist sie deshalb eine Progband? Ich habe starke Zweifel. Dieses Album hier jedenfalls ist kein Prog und bleibt deshalb ohne Wertung als Progalbum (als Popalbum 11). 
Aber vielleicht ist auch alles ganz anders...

 Die Band:
Jon Courtney               voc,g,keyb
Chloe Alper                 voc,keyb,bass
Jamie Willcox               g,keyb,voc
Paul Clover                 dr

Titel:

1) Fight fire
2) Black Mourning
3) Patriarch
4) Last man,last round
5) Valour
6) Over the top
7) Never divide
8) Blitzkrieg
9) Open insurrection
10) Armistice

https://www.youtube.com/playlist?list=PLiTuqW7OFnbJ1DLfGVpUEIwn3IAnjk-wo
https://de.wikipedia.org/wiki/Pure_Reason_Revolution