Sonntag, 22. Mai 2016

STEVE THORNE : ISLAND OF THE IMBECILES

Erster Titel  "In the frame": rhythmisches Bassostinato, Keyboardquietschen, Tamburin, stampfendes Schlagzeug, Stimme: nach wenigen Takten frag man sich, ob Phil Collins unter Pseudonym 'ne neue CD aufgenommen hat.Verblüfft schaut der Rezensent nochmals auf das Case. Nein, kein Zweifel, es ist Steve Thorne, der hier dem guten Phil zeigt, wie man den Spagat zwischen Pop und Prog auch hinbekommen kann. Nämlich mit eingängigen Melodien und durchgehendem Rhythmus (sehr tanzbar!), aber irgendwie doch anders als der Hitschreiber. Mit dem Opener stellt sich gleich ein Highlight dieser CD vor. Einzig die Ausblende befremdet.
Alle Instrumente spielt er hier selbst wie auf all seinen vorherigen 4 CDs.
Auch die Ballade "Animal" bestreitet Steve allein. Sie besticht durch Ohrwurmcharakter und einem schönen Oboenmotiv, das allerdings synthetisch erzeugt ist. Ab hier sticht der Collins Phil nicht mehr so durch wie im Opener. Ausblende - wie schade.
Im 3.Track" Colours of torment" kommen nun Gastmusiker zum Einsatz. Und das sind mit Tony Levin am Bass und Nick d'Virgilio an den Drums keine Nonames - ganz im Gegenteil. Mit ihnen bekommt die CD einen Energieschub, da sie der in der Komposition steckenden Power nachhelfen. Federnder Rhythmus und ein ohrwurmiger Refrain prägen diesen Poprocker.
Mit einem an ein Hackbrett (Saiteninstrument, vornehmlich in der sog.Volksmusik üblich) erinnerndem Sound eröffnet "Don't fear tomorrow" ein  Singer/Songwritersong, der in seiner Mitte ein schönes Gitarrensolo von Robin Armstrong birgt. Der Refrain drängt das gesamte Werk weiter in Richtung AOR, das progressive Element verliert sich mehr und mehr. Diese Entwicklung lässt sich durch all seine 5 CDs in der Gesamtbetrachtung beobachten. Schöne Melodien komponiert er weiterhin, die denen des o.g. Ph.C. in nichts nachstehen ("Let me down").
In "Ancestors" kommen nochmals Proggiges in  Spuren zu Gehör durch die Mellotroneinsätze. Auch hier wieder feine Refrains.  Peter Gabriel kann er auch, so in "Ashes", zumindest stimmlich. Hierbei hat er sich Teile der Keyboardsounds bei Rupert Hine abgehört, so scheint es.
Folkloristisch gestaltet sich der Ausklang mit "They are flesh" durch die Akustische, womit er einen Hinweis gibt, in welche Richtung es für ihn gehen kann, so er doch noch weitermacht. Denn er beabsichtigt nach eigener Aussage zunächst nur noch für andere zu komponieren und seine Solokarriere zu unterbrechen. Viele kamen wieder und einige stärker denn je. Schaun mer mal...
Abschließend ist  festzuhalten, dass "Island..."als reifstes seiner Solowerke eine Art Vermächtnis seines bisherigen Wirkens darstellt.
Wer AOR mit gelegentlichen, sanften Ausschlägen in Proggefilde mag, der sollte hier unbedingt antesten.

Steve Thorneall instruments
Gastmusiker:
James McLarenbacking vocals (10)
Nick d'Virgiliodrums (3, 4, 6, 7,8,9)
Tony Levinbass (3,7)
Robin Armstronglead guitar (4, 7, 8)
Titel:
1.In the frame5.11
2.Animal6.32
3.Colours of torment4.44
4.Don't fear tomorrow3.47
5.Island of the imbeciles3.41
6.Dear mother earth3.25
7.Let me down4.48
8.Ancestors4.36
9.Ashes6.29
10.They are flesh6.49

Montag, 16. Mai 2016

MAGNI ANIMI VIRIS : HEROES TEMPORIS - WORLD EDITION

Im Jahre 2007 erschien unter dem Titel HEROES TEMPORIS eine sog. Rockoper des italienischen Keyboardduos Giancarlo Trotta und Luca Contegiacomo. Das Werk wurde mit italienischen Musikern in italienischer Sprache aufgenommen (http://babyblaue-seiten.de/index.php?content=review&albumId=8204). Nach ca.10 Jahren folgt nun eine "World-Edition" in Englisch.
Hierzu verpflichteten die beiden Autoren der Oper mit Russel Allen (Symphony X) und Amanda Somerville (Edguy,Epica,Avantasia) zwei englischsprachige Sänger und mit Clive Riche einen ebensolchen Erzähler, um dem Anspruch der weltweiten Ausrichtung gerecht zu werden.
Dem öffentlichen Druck (Waschzettel) folgend hat man die vocals der Titel neu in Englisch eingespielt und diese "World-Edition" remixt.
Was der geneigte Hörer auf die Ohren bekommt, ist ein im Rockoper,-musicalgenre reichlich bekannter Mix aus dicken Streicher-,Chorpassagen und Sologesängen mit Schwergewicht auf eingängigen Melodien unter Vermeidung des Hauches von Komplexität. Das Ganze begleitet mit metallischem Gitarrensound und gelegentlichen Doubledrums; hie und da mal ein Gitarrensolo (...Temporis). Es hört sich sehr glatt und mainstreamig an. Dieses Terrain hat weiland Hr. Rick Wakeman schon eindrucksvoller angeboten bzw. abgedeckt.
Soweit der Mecker. Postiv zu erwähnen ist die Tatsache, dass der Erlös dieses Mixes der "Association Heroes Temporis" für autistische Kinder zugute kommen soll. Von daher verbietet sich nach m.M. eine Bewertung.

Die Band:
Piano, Keyboards, Moog, Effekte, ProgrammierungGiancarlo Trotta und Luca Contegiacomo

Gastmusiker:

Amanda SomervilleSänger
Russel AllenSänger

Marco SfogliGitarren
Randy CovenBass
John MacalusoSchlagzeug
Roberto D'AquinoBass, Stick
Simono Gianlorenziakustische Gitarre (13)
Clive RicheErzähler
Bulgarisches SinfonieorchesterOrchestrierung
Giacomo SimonelliDirigent
01. Soundtrack (feat. Clive Riche)
02. Heroes (feat. Russell Allen & Clive Riche)
03. Temporis (feat. Clive Riche & Russell Allen)
04. Intus - Until (feat. Amanda Somerville)
05. Troughts (feat. Amanda Somerville)
06. Never Again (feat. Amanda Somerville, Russell Allen & Clive Riche)
07. Desertsoul (feat. Russell Allen)
08. I'd Like (feat. Russell Allen & Amanda Somerville)
09. Like the Hawk (feat. Russell Allen & Amanda Somerville)
10. Moon Peace (feat. Russell Allen & Amanda Somerville)
11. Crystalize (feat. Amanda Somerville)
12. Fortis (feat. Russell Allen)
13. Without Breath (feat. Russell Allen)
14. Outro




Freitag, 25. März 2016

ULVER: ATGCLVLSSCAP

Wenn er ein erstes Durchhören geschafft hat, fällt es dem Rezipienten schwer, zu glauben, dass diese Band aus Norwegen in ihren Anfängen dem Black/Thrash Metal gehuldigt hat.
Es beginnt mit friedlichem Glockenläuten, dem sich nach und nach synthetische Klangflächen zugesellen und harmonisch die Glockentöne erweitern. Gegen Ende dieses ersten Stückes - England's Hidden - beginnen Störgeräusche das "schöne" Hörbild zu irritieren.
Diese Vorgehensweise ist das Grundkonzept dieses Werkes. Die Stücke beginnen nach konventionellen Hörgewohnheiten und verändern fließend ihren Charakter, was dem Ganzen einen eigenartigen Sog verpasst, dem man sich schwer entziehen kann.
Gerockt wird zwischenzeitig auch - Cromagnosis - ; ab Minute 6:00 mit Turbo dergestalt, daß kein Bein ruhig bleibt.
Bestimmend sind mächtige Klangflächen mellotronischer Art, teilweise erhöht durch majestätische Orgelakkorde, begleitet von Gitarrenfills, die für irrlichternde Effekte sorgen. Solide bleibt als Anker dienend das Schlagwerk, das zusammen mit dem meist ruhig gespielten Bass für die Erdbindung sorgt - Moody Six z.B.
 Gesungen wird auch. Spät zwar, aber durchaus nachhaltig, da Krystoffer Rygg, ein Gründervater der Truppe, seine Stimme mit viel Gefühl durch die Melodien führt, dabei stellenweise an den jungen Scott Walker erinnernd - Nowhere - . In - Ecclesiastes - improvisiert er nach dem erzähltem ersten Teil auf das Klaviermotiv in eindrucksvoller Weise seinen Text. Sehr hörenswert.
Den Abschluss bildet das viel zu kurze - Solaris -. Es lehnt sich an barocke Motivik an in Kombination mit flatternd-rhythmischen Stimmen und vorwärtstreibender Perkussion. Das unvermittelte Ende lässt den Hörer - fast - erschrocken zurück - und die Repeattaste drücken.

Es gilt die höchste Warnstufe: SUCHTGEFAHR!

http://www.jester-records.com/ulver/ulver.html

Die Band:

Seth BeaudrealtAudiovisuals
Ole Alexander HalstensgårdElectronics
Anders MøllerPercussion
Daniel O'SullivanBass, Gitarre
Kristoffer RyggElectronics, Percussion, Stimme
Jørn H. SværenStimme
Ivar ThormodsæterSchlagzeug
Tore YlwizakerKeyboards, Electronics

Titel:
1.England's Hidden7:43
2.Glammer Hammer4:49
3.Moody Stix6:45
4.Cromagnosis9:48
5.The Spirits That Lend Strength Are Invisible3:16
6.Om Hanumate Namah7:42
7.Desert/Dawn8:27
8.D-Day Drone9:22
9.Gold Beach4:58
10.Nowhere (Sweet Sixteen)5:57
11.Ecclesiastes (A Vernal Catnap)9:02
12.Solaris2:12

Dienstag, 26. Januar 2016

MY BABY WANTS TO EAT YOUR PUSSY : IGNORANCE & VISION

Im Jahre 2003 gründete man in Baden-Württemberg die Popakademie mit Sitz in Mannheim. Damit verfügt seitdem die Metropolregion Rhein-Neckar über eine Hochschule für Populäre Musik und Musikwirtschaft. Im näheren Umfeld dieser akademischen Institution gründeten sich zahlreiche Bands unterschiedlichster Ausrichtung. Darunter auch im Jahre 2004 mbwteyp, wie sie sich und andere der Einfachheit wegen immer öfter nennen (lassen). Über den (Hinter-)sinn dieses Bandnamens ist dem Rezensenten nichts bekannt - ähmmm - jou.

Die Band begab sich auf den Weg, will heißen auf die Ochsentour mit Newcomertourneen, auch manchem großen Event wie RockamRing.

Im Jahre 2005 veröffentlichte die Band die EP Don't tell a soul, die den Nukleus des im Jahre folgenden Debutalbums Ignorance & Vision bildet.

Schon das Design des Digipacks lässt Rückschlüsse auf den musikalischen Inhalt zu. Man ist optisch vorbereitet auf das, was einem akustisch um die Ohren fliegt. Ein Sänger Ziggy Has Ardeur, ein(e) Gitarrist(in), die/der sich Diva Eva D. nennt, eine Sängerin - das ist sicher! - Debusy D'eeper, ein Bassist - man(n) kann da nicht mehr so sicher sein - Donni Bella Luna mit Namen und einem Keyboarder Mr. Tighteng, da muss es sich um eine zumindest angeschrägte Band handeln. Lediglich Drummer Ray Gattner scheint "normal" zu sein.

Das Ganze beginnt mit einem Störsignal - womit sonst. Es leitet über zu einem von dünnen Keys begleiteten Song (Ardous life), der selbst ein Intro darstellt, in die Songs einführt und in Boys and girls übergeht. Dieser entwickelt sich in eine glamrockige Richtung mit souligen  und heavy Ausschlägen. Man beginnt zu ahnen, was da noch kommen mag.

Und es kommt. Mit zunehmender Laufzeit fächert sich der Stilmix aus Metal, Bombast, Pop, Soul, Reggae und Proggigem auf; Zappaeskes gepaart mit heftigem Metalgeriffe, ergänzt mit ohrwürmigen Melodien ( Don't tell a soul und Biology is a fairytale). Man hört F.Mercury,  Supertramp,  60er-Sounds - alles hintereinandergeschnitten ohne dem Chaos Raum zu geben. Es wird jede Passage mit Frische und Spielfreude nach vorne getrieben, leider hin und wieder unterbrochen von vokalen oder elektronischen Gimmicks.  Das hemmt zwar den Fluß ein wenig, aber die "Pussies" schaffen es immer wieder, das Tempo aufzunehmen und ihrer Power die Sporen zu geben.

Es wird viel Wert auf die Stimmen/Melodien gelegt. Dabei steht Sänger und hauptamtlicher Songwriter  Ziggy Has Ardeur klar im Zentrum. Aber Debusy D*eeper steht als weibliche Begleiterin nicht sehr dahinter. Es gibt im Studio kaum solistische Ausbrüche instrumenteller Art. Der Song an sich ist der Chef.
Dies macht dieses Werk sympathisch und immer wieder gut hörbar. Ein schönes Debut einer modernen, vor allem live sehr geilen Band.

http://mbwteyp.com/site/

Die Band:

Ziggy Has Ardeur:      voc,comp
Debusy D*eeper:        voc
Donni Bella Luna.      b
Diva Eva D:                g
Mr.tightENG:             keyb
Ray Gattner:               dr,perc

Titel:

1) Arduous Life                           1:28
2) Boys & Girls                            3:32
3) Don't Tell A Soul                      4:05
4) Circumstances                         1:56
5) Sahra                                      3:41
6) So Deep                                  3:27
7) Capital Letters                        1:17
8) Boy                                         3:56
9) Bubblebath                              3:50
10) Peace Interstellar                 10:12
11) Freezing Scene                       4:41                    
12) Dogs Run Riot                         3:42  
13) America                                 4:00
14) Biology Is A Fairytale              4:32
15) Wonderland                           4:47
16) Sate My Appetite                    2:47
17) Here's Another End                 0:55
18) Impresario                              5:18

http://mbwteyp.com/site/so-deep-2006/
http://mbwteyp.com/site/biology-is-a-fairytale-2008/
www.youtube.com/watch?v=axGX5G7RBjs


Dienstag, 12. Januar 2016

BAROCK PROJECT : SKYLINE

Nach dem schon sehr starken "Coffee in Neukölln"-Album war man gespannt auf das neue Werk, das endlich im Juni 2015 erschien, "SKYLINE" gehießen. Die Band hatte wiederholt  personelle Änderungen erfahren. Mit Eric Ombelli verfügen sie jetzt über einen soliden, dynamischen Drummer. Marco Mazzuluoccolo stieß als Gitarrero hinzu und Giambattista Giorgi (b) verließ die Truppe. Dafür übernahm Luca Zabbini auch den Bass neben Keys, Akustikgitarre und div. Gesängen. So ist aus der Gründerzeit neben LZ noch der andere Luca, Pancaldi nämlich, als hauptamtlicher Vokalist dabei.
Was hat sich seit ihrem Debut " Misteriosevoci" geändert? An der generellen Ausrichtung im Prinzip nicht allzu viel. Es wird Retroprog geboten, wurzelnd in den Größen der '70er. Die beiden Lucas verfolgen dies seitdem unbeirrt, angereichert mit Melodien, die der Stempel des Hauptkomponisten der Band, Luca Zabbini eben, geprägt hat. Immer mal wieder werden auch jazzige Passagen eingestreut, die luftig und locker das Klangbild auffrischen ("Spinning away") und damit die Scheibe nicht allzu gestrig wirken lassen.
Auffällig ist , dass der komplette Text von Antonio De Sarno verfasst wurde, was die Vermutung nährt, dass es sich bei SKYLINE - zumindest textlich - um ein Konzeptalbum handelt. Ein Blick auf die HP der Band scheint dies zu bestätigen. Es geht um einen Ertrunkenen, dessen Leben dem Zuhörer einen Spiegel vorhält, so  -  oder so ähnlich...
Jedenfalls gibt es immer wieder bei wiederholtem Hören Neues zu entdecken. Und wenn nicht, erfreut der frische, lebendige Fluss des musikalischen Geschehens. Es ist den Italienern gelungen, das mit "Coffee..." erreichte hohe Niveau zu halten und in Nuancen (drums!) zu erhöhen. Die Ideen scheinen ihnen nicht auszugehen. Und das möge so bleiben.
Sehr schönes Teil, das jetzt schon das Qualitätslabel "zeitlos" verdient.

http://www.barockproject.net/
https://www.youtube.com/watch?v=bvDOmzngqis

 Die Band:

  Luca Zabbini:                 keyb,voc,acoustic g,b,
  Luca Pancaldi:                lead voc
  Eric Ombelli:                  dr,perc,loops
  Marco Mazzuoccolo       el.g

Gäste:

 Vittorio de Scalzi:           voc,fl Track 3
  Onelio Zabbini:              fl Track 4
 Giuseppe Franchellucci:  cello,viola


Titel:

1.Gold08:40
2.Overture03:40
3.Skyline10:21
4.Roadkill05:59
5.The Silence of our Wake10:47
6.The Sound of Dreams02:21
7.Spinning Away06:06
8.Tired09:58
9.A Winter's Night04:38
10.The Longest Sigh07:57