Sonntag, 31. August 2014

UTOPIANISTI:II

Ja,was ist DAS denn? BrassProg? Gibt es das nicht schon?

 Es dämmert dem Altvorderen, dem Post68er. Da gab's seinerzeit eine Band, die nannte sich "Mothers of Invention" und deren Boss hieß Frank Zappa. Das ist die eine Quelle, aus der der Finne Markus Pajakkala seine Inspiration zieht. Dazu gesellt sich als weiteren Impuls aus fernen Zeiten ein gewisser Alexis Korner, der mit seinem Projekt CCS Ähnliches versuchte, nur bodenständiger,bluesiger. Man höre nur das vorliegende "Spanking time": CCS-typischer geht's fast nicht. Selbst die Stimme des Herrn Korner ist sowas von geil  nachempfunden....

 Das sind die Urquellen, aus denen der Finne schöpft.

Dazu mixt er gekonntes Opernmetalgeknödel mit Gejazze, schräges Tangogeschiebe auf der imaginierten Opernbühne und Orgelvolldröhnung, dass es eine wahre Freude ist. Der Beelzebub im tiefen Selbst des ach so zeitgeistigen Gutmenschen hat endlich mal wieder was zu feiern!

Zum Ablauf und Inhalt des Gebotenen hat Kollege Nik schon das Wesentliche trefflichst herausgearbeitet (http://babyblaue-seiten.de/index.php?content=review&albumId=14425). Diesem ist nicht viel hinzuzufügen, außer dass es ab dem Titel 9 "The sundays..." bis zum Titel Nr.12 "Derelicts...". - dem Teil, der ursprünglich als EP veröffentlicht wurde/werden sollte(?) - mir doch zu puritanisch jazzig wird. Da klappen die Ohren irgendwann zu bzw. der Finger zuckt in Richtung NEXT-Taste auf der Fernbedienung. Aber das ist rein subjektiv empfunden. Der Jazzaffine wird diese Passage mit Wonnen genießen - denk' ich mal.

Richtig fetzig-schräg wird's zum Ende mit dem als Bonustrack bezeichneten "U.L.J.C.", das auch wieder passagenweise leicht an CCS erinnert. Aufgepeppt mit Tiergeräuschen an überraschenden Stellen, kurzen "Wort"beiträgen, in denen verschiedenen Instrumenten(gruppen?) ehemalige Kriegsparteien zugeordnet werden, sorgen für skurile Momente ohne dem musikalischen Feuerwerk, das hier nochmals abgebrannt wird, irgendwie zu schaden.

Von Nr 1 - Nr. 8 ist das Gebotene feinstschräger BrassProgJazzRock mit Bestoftheyear-Potenzial. Mit dem Jazzpart (9-12) hat der Rezensent sein Problem, aber die 13 reißt's Ruder nochmal herum in Richtung Mehrvon.

Das Album kann hier: http://utopianisti.bandcamp.com/album/utopianisti-ii-utopianisti-meets-black-motor-jon-ballantyne gehört und geordert werden.

 Die Band:
Markus Pajakkaladrums, percussion, soprano- tenor & baritone saxophones, flute & alto flute, bass clarinet, mellotron, various ethnic instruments, programming (only in 2, 6 & 13!!), additional keyboards & vibraphone

Gastmusiker

Jaan Wessmanelectric bass (1, 3, 5, 6, 8)
Ville Rauhalaupright bass (4, 7, 9-12 + 13)
Mika Tyyskäguitar (1)
Antero Mentuguitar (3, 5, 6, 8 right channel, 13), sitar (13)
Anssi Salminenguitar (7, 8 left channel, 13)
Juha Savelaguitar (4)
Kalle Elkomaaorgan (1, 3, 5), electric piano (3)
Tuomas Marttilamarimba (4), vibraphone (3, 6), congas (3)
Harri Kuusijärviaccordion (4, 7)
Tero Hyväluomafiddle (7)
Waltteri Torikkavocals (2, 4)
Suvi Väyrynenvocals (2)
Pharaoh Pirttikangasvocals (8)
Tommi Kolunentrumpet (1, 3, 6, 8)
Olli "Trumpenator" Helintrumpet (1, 3, 6, 8)
Jussi Toivonentrumpet (1, 3, 6, 8)
Antti Hirvonentrombone (1, 3, 6, 8)
Petri Juutilainentrombone (1, 3, 6, 8)
Ulla Ahonentrombone (1, 3, 6, 8)
Aulis Pöyhönenbass trombone (1, 3, 6, 8)
Kasper Haikonenalto sax (1, 3, 6, 8)
Masa Orpanaalto sax (1, 3, 6, 8)
Petri Nieminentenor sax (1, 3, 6, 8)
Maiju Virtanentenor sax (1, 3, 6, 8)
Jon Ballantyneelectric & grand piano (tracks 9-12 + 13)
Sami Sippolatenor saxophone (tracks 9-12 + 13)
Simo Laihonendrums (tracks 9-12 + 13)

Titel:
1.Mekonium fist   (Utopianisti II)3:51
2.The Vultures were hungry   (Utopianisti II)2:56
3.Pohjola   (Utopianisti II)8:09
4.Tango Succubus pt. 2   (Utopianisti II)5:10
5.The Forest of the Bald Witch   (Utopianisti II)6:47
6.Bisphenol A   (Utopianisti II)4:11
7.Kynttilöitäkin vain yksi   (Utopianisti II)6:16
8.Spanking time   (Utopianisti II)6:01
9.The Sundays of love and peace   (Utopianisti meets Black Motor & Jon Ballantyne)5:14
10.Mechanoid makeout music   (Utopianisti meets Black Motor & Jon Ballantyne)4:53
11.Too many eyeholes   (Utopianisti meets Black Motor & Jon Ballantyne)4:07
12.Derelicts in space   (Utopianisti meets Black Motor & Jon Ballantyne)11:35
13.U.L.J.C. (The Unnecessary Leftover Jam Compilation)   (Utopianisti II/Utopianisti meets Black Motor & Jon Ballantyne)9:38

DAAU (DIE ANARCHISTISCHE ABENDUNTERHALTUNG):TUB GURNARD GOODNESS

DAAU ist die Abkürzung für eine Band, die sich vollständig DIE ANARCHISTISCHE ABENDUNTERHALTUNG nennt. Die Inspiration für diesen ungewöhnlichen Bandnamen holten sich die Gründer bei Hermann Hesses "Steppenwolf":

"Im Licht der nächsten Laterne versuchte ich seine Standarte zu lesen, sein rotes Plakat an der Stange, aber es schwankte hin und her, ich konnte nichts entziffern. Da rief ich ihn an und bat ihn, mir das Plakat zu zeigen. Er blieb stehen und hielt seine Stange etwas gerader, da konnte ich tanzende, taumelnde Buchstaben lesen:
Anarchistische Abendunterhaltung!
Magisches Theater!Eintritt nicht für jed..."
"Hermann Hesse: Der Steppenwolf. In: Hermann Hesse: Die großen Romane und Erzählungen. Frankfurt 1985. S.44"

 Wenn man nun aus dem Bandnamen auf eine deutsche Band tippt, dann liegt man falsch. DAAU sind Belgier aus Antwerpen und wurden 1992 gegründet. Sie ist auch keine typische Rockband mit E-Gitarre(n), Bass,Schlagzeug evtl.Keyboard(s) etc.. Sie spielt Instrumente, die nicht typischer Weise eine Rockband auszeichnen. Ihr Hauptinstrumentarium besteht aus Akkordeon, Violoncello, Violine und Klarinette. Und entsprechend klingt auch ihre Tonwelt. Der Sammelbegriff Fusion trifft am ehesten das, was sie zu Gehör bringt.. Sie verschmelzen Salonmusik mit Klassik,Folk und Klezmer. Auch Reggae kommt vor. Unterstützt werden sie bei Bedarf durch eine Sängerin, Schlagzeug/Percussion und E-Baß.

Bemerkenswert ist, dass es keine Dominante in ihrem Instrumentarium gibt. Die Führung in den Motiven und Melodien wechselt immer wieder. Mal sorgen die beiden Streicher für das rhythmische Fundament und Akkordeon/Klarinette lassen sich in den Melodien und Improvisationen gehen -  und umgekehrt. Lautmalerisches wechselt mit Lied, 2 Reggaes werden von einer Gastsängerin sehr einnehmend vorgetragen. Hier in "A funny little feeling" - und später in " In my midnight skies" -  stimmt auch die Struktur ganz mit den Konventionen überein im Gegensatz zu 10 von den 12 Stücken des Albums. Was aber nicht heißt, dass der Rest im Chaos versingt. Im Gegenteil sind die 10 Titel wohl strukturiert und gut zu hören. Es ist dieses Spiel mit den Wechseln in der Stimmführung, was den Hörer einnimmt.Auch die gelegentliche Attacke setzt immer wieder Spannungsmomente.

Ein Covertitel ist auch dabei. Man hat sich für "2+2=5" von RADIOHEAD  entschieden und in "Of  r*d*h*d" umbenannt. Da ich das Original nicht kenne, kann ich zur Art der Interpretation wenig aussagen. Außer, dass ich diese Interpretation für interessanter halte als alles, was ich von RADIOHEAD bis dato gehört habe (OK.Computer/ Kid A - wonach diese Band als Superlangweiler aus meinem Interessenfeld gestrichen wurde).

DAAU gelingt es mit dieser CD, das Gehör des Rockkonsumenten für andere Klänge zu interessieren und leisten damit einen Beitrag zur Horizonterweiterung. Mit jedem Hördurchgang kann man neue Details entdecken, wenn es den manchesmal etwas aufdringlichen Klezmersound der Klarinette zu umschiffen gelingt.

http://www.daau.com/

Die Band:

Simon Lenski                              Violoncello
Buni Lenski                                 Violin
Han Stubbe                                 Klarinette
Raul van Camp                           Akkordeon

Gäste:
Angelique Willkie                        voc
Roel Poriau                                 dr
Mirko Banovic                            b

Titel

1. My Goodness! Poetry (7:19)
2. Off the Record (5:30)
3. Is This It? (2:26) 
4. Raw Like Milk (5:13) 
5. The Guts (4:50) 
6. Of R*D*H*D (2+2=5) (3:34)
7. A Funny Little Feeling (3:54)
8. Catfish Blues (1:54) 
9. A Shortcut to the Edge (3:18)
10. Even More Lost Souls (2:57) 
11. In My Midnight Skies (6:16) 
12. Two Fast Dreams (5:10)

Sonntag, 3. August 2014

THREE MONKS: THE LEGEND OF THE HOLY CIRCLE

Da sind sie wieder, die 3(4) Mönche aus Italien:: "Julius" Paolo Lazzeri, der Derwisch an den Keyboards, "Bozorius" Maurizio Bozzi am Bass und die 2 Schlagwerker "Ursinius" und "Placdus". Wobei in den Stücken jeder als Einzelkünstler ran darf.

Was hat sich getan seit dem Debut NEOGOTHIC PROGRESSIVE TOCCATAS"?
Der Synthie tritt stärker in den Vordergrund. Die Sounds lehnen sich stärker an die Vorlage ELP an. Gleich im Opener "THE HOLY CIRCLE" wird dies sehr deutlich.
Auch die Motivik erinnert stark an K.Emersons Kompositionsweise(n).Die imaginisierte Kathedrale aus dem Debut kann man nur mehr erahnen.

Mit einem trägen Walkingbass eröffnet "INTO MYSTERY". Auch hier übernimmt mächtiger Synthieeinsatz in gewohnter Manier. Die Orgel improvisiert neoklassisch abwechselnd mit dem Synthie. DasWalkingmotiv des Bass trägt das Stück bis zum Ende - mystisch, aber nicht zu arg.

"THE BATTLE OF MARDUK" schließt direkt an den Erstling an und hätte auf "NEOGOTHIC...." eine gute Figur gemacht. Farbtupfer bringen die glockigen Töne ins Geschehen, schön begleitet von Bass und von Ferne klingender Orgel. Danach wird das Tempo und die Energie erhöht bei einem jazzigen Impromptu, das sich zu einem Progstück für Orgeltrio auswächst mit pompösem Finale.

Dann kommt mein Lieblingsstück auf diesem Album. Ich will es das "Lied ohne Worte" nennen in Anlehnung an Mendelssohns Klavierwerk. Hier für Orgel solo komponiert erinnert es an die Motive mancher PROCOL HARUM- Komposition."THE REST OF THE SACRED SWARM" ist für mich das Highlight des Albums und leider nach 4:47 schon zu Ende! Ein starkes, weil auch schlichtes Stück.

Der Walkingbass des 2. Stückes erlebt in höherem Tempo seine Rückkehr beim Intro von "RIEGER". Die Orgel übernimmt mit Drums mächtig das Verfahren, der Synthie mischt sich in den Vordergrund. Viel mehr als in den Titeln 1-3 passiert nicht. Der Midtempodrive bleibt erhalten, der Synthie steht mit der Orgel side-by-side. Mit diesem Titel wird wohl die Rieger Orgelbau in Österreich gemeint sein, die seit 1845 Orgeln für die ganze Welt baut.

Mit dem Beginn von "THE STRIFE OF SOULS"  übernimmt K.Emerson die Regie in der Inkarnation Lazzeris. Typischer geht's wohl nicht, was die Anleihen betreffen. Auch der ruhige Teil erinnert an ELPs Umsetzung von "The great gates of Kiev". Das ganze Stück ist eine  gelungene Verneigung vor den Progurgesteinen.

Den Abschluss bildet "TOCCATA NEOGOTICA N.5", bei der man die Rückkehr in die Kathedrale des Debutalbums feiern kann. Hier entsteht nochmals dessen Erhabenheit, auch weil der Synthie außen vor bleibt und nur gegen Ende das begleitende Geglöckel ein wenig mehr Licht in die kathedralische Schattenwürfe bringt.

Das 2. Album der Mönche versucht, einen etwas anderen Akzent zu setzen durch die stärkere Verwendung des Synthesizers. Diese Stücke wirken verspielter und folglich weniger stringend als die "reinen" Orgelstücke des Debuts. Nun wäre es spannend zu hören, wie sie denn das 3. Werk angehen wollen. Aber wie es scheint, gibt es in diesem Projekt zur Zeit wenig Leben.

Die Band

 Paolo Lazzeri                              pipe organ, composition
 Maurizio Bozzi                             bass, sound engineer
  Roberto Bichi                             drums(3,6,7)
  Claudio Cuseri                          dr (1,2,5)


Titelliste:

1. The Holy Circle - 7:48
2. Int Mystery - 5:58
3. The Battle of Marduk - 4:48
4. The Rest of the Sacred Swarm - 9:53
5. Rieger - 5:09
6. The Strife of Souls - 10:01
7. Toccata Neogotica n5 - 9:43

http://babyblaue-seiten.de/index.php?content=review&albumId=14051