Sonntag, 15. Oktober 2017

SOUP - REMEDIES

Beeindruckend, nein -  sehr beeindruckend: Das Cover - das Gesicht - der Hochglanz - das Glühen. Die Verpackung ist schon mal gelungen - chapeau!
Hören wir, ob der musikalische inhalt das Versprechen der Verpackung halten kann.
 Der Opener "Going Somewhere" beginnt mit akustischer Gitarre und einer zurückgenommenen Singstimme männlicher Natur, deren Melodieführung und Akkordbegleitung  MOTORPSYCHO um die Ecke blicken lässt. Diesen Eindruck ändert auch das Mellotronikinterludium nicht. Die Energie und Intensität nimmt zu, der Bombast kommt in Fahrt. Die Becken zische(l)n, das Schlagwerk rumpelt ( kein Ruhmesblatt für die Abmischung), das Mellotron dräut und die Gitarren riffen bis sich im Mellotron eine Mitsingmelodie herauswagt und über den beschriebenen Unterbau legt. Es werden einige Harmoniewechsel eingestreut ohne den entstandenen Fluss zu stören. Zum Ende hin leiten wie aus dem tönenden Jenseits einzelne Keyboardperlen aus dem Song hinaus.

Beeindruckend ist auch dieser klangliche Einstieg, dieser Sound (=Klang!). Es ist der Klang, der gefangen nimmt.
Im Grunde ist das ganze Album damit schon beschrieben. In den restlichen Tracks ist die Reihenfolge der Grundelemente etwas abgewandelt, aber die Grundstruktur bleibt: ruhiger Beginn, zunehmende Klangfülle durch Schichtung und zunehmender Lautstärke. Die reine musikalische Substanz ist recht einfach. Es reichen wohlig-warme Mollakkorde und ein soundproduzierendes Studioarsenal, um die Ohren zu  verführen.

Atmosphärisch ist das Album gut arrangiert und hinterlässt Wirkung. Man kann in den Klängen akustisch wohlig baden. Alles ganz prima - aber es fehlt das progressive Element bzw. die sinnenöffnende Momente.

Übrigens: die Schlussmelodie von "Nothing like home" klingt verd...ächtig nach M.Oldfield!

Wer Retro im neuen Gewand braucht und Walls of Sounds liebt, ist hiermit gut bedient. Progressives finde ich hier nicht.


https://soupsound.bandcamp.com/album/remedies

Die Band:
Erlend Aastad Vikenvocals, keyboards, samples
Orjan Saurguitars
Jan Tore Megardbass
Espen Bergedrums, percussion
Tracks:
1.Going somewhere8.14
2.The Boy and the Snow11.33
3.Audion2.07
4.Sleepers13.35
5.Nothing like Home6.43


Samstag, 7. Oktober 2017

MOTORPSYCHO - THE TOWER

Nein, sie hatten's nach dem Mammutwerk "The death defying unicorn" nicht leicht bei den Proggies, die bei jenen in höchsten Höhen schwebenden Erwartungen zu erfüllen. Die folgenden Alben wurden gnadenlos am "Einhorn" gemessen. Was zwar nachvollziehbar war, aber der Band und ihren Arbeiten dannach nicht wirklich gerecht wurde.

Personell gab es eine Veränderung an den Drums, wo Kenneth Kapstad fertig hatte und Tomas Järmyr Platz machte.
Dies hat(te) auf dem Turm zumindest vordergründig keinen großen Einfluß auf den Gruppensound. Vlt. trommelt Tomas etwas geradliniger als Kenneth. Aber nur in Nuancen - oder auch nicht.

Je öfter ich dieses Album höre je mehr verfestigt sich der Eindruck, dass es sich beim "Turm" um das reguläre Folgealbum des "Einhorn" handelt. Die Band schafft es die gelegentlich bombastische Atmosphäre des besagten Opus magnum mit herüberzunehmen und geschmeidig einzubauen.

 Denn es bleibt nicht beim angestammten Instrumentarium g,b,dr, sondern es werden reichlich Mellotrone und hammondartige Samples klanglich unter- oder drübergelegt. Das sorgt für den großsymphonischen Gestus, in und auf dem es sich trefflich "berserkern" lässt. Die Musik kommt ins Fließen und man vergisst Zeit und Raum ("Ships of fools").

"Berserker-Rock" hatte ein Rezensentenkollege vor längerem die Mucke der Norweger insgesamt benannt. Das trifft auch Jahre später immer noch und immer stärker zu. Sie scheinen noch immer drauflos zu lärmen und rocken und jammen, wie's ihnen gerade passt. Und es passt. Und warum passt's? Weil sie's können.
Aber sie können's auch ruhig und schön-harmonisch wie im Folksong "The Maypole" und der ersten Hälfte des folgenden "A Pacific Sonata", das sich im 2.Teil in eine fast meditative Jamorgie weitet. Der Bass tut das Seinige dazu, dass die Improvisation geerdet bleibt. Bevor es dann zu berserkerhaft wird, klemmt sich ein mehrstimmiges Outro rein und macht Schluss. Apropos vocals:  hier haben sie inzwischen eine Eigenständigkeit sich ersungen, die sie nahezu unverwechselbar macht.

Des Beste kommt dann am Ende; auf der mir vorliegenden Vinylausgabe auf Seite 4 mit dem psycho-atmosphärischen "The Cuckoo" und dem absoluten Brocken "Ships of Fools". Womit die Norweger jeden Zweifel an der Tatsache beseitigen, dass sie eine (Berserker-)Progband sind.

Noch einige Worte zur (Vinyl-)Verpackung . Nach Entfernung der Folie sollte man aufpassen, dass die Innersleeves nicht durchrutschen, denn die beiden Covertaschen sind keine, da sie auf 2 Seiten offen sind. Das hat den Grund, dass man das Gesamtkonstrukt ganz aufklappen und damit das beeindruckende Gemälde von Hakon Gullvag, das - wer hätt's geahnt -  "Der Turm von Babel" heißt, bewundern kann.  Kann man gut finden, muss man aber nicht. 

MOTORPSYCHO machen auch mit "The Tower" mal wieder ihr Ding. Die Mischung aus Berserkerrock, Melodie und akustischem Feintuning ist inzwischen ihr Metier- auf ihre Art in bestem Sinne monolithisch. Entweder der Hörer geht mit -  oder er lässt's. Ich empfehle dringendst mitzugehen.

Die Band:


Tomas Järmyrdrums,percussion,vocals
Hans Magnus Ryanguitars,vocals,keyboards
Bent Sætherbass,vocals,guitar,keyboards

Gast:
Alain Johannesvocals (3), messenger guitar (4,7),cigar box guitar (4),flute (6)

Titel:

  1. The Tower
  2. Bartok Of The Universe
  3. A.S.F.E.
  4. Intrepid Explorer
  5. Stardust
  6. In Every Dream Home (There's A Dream Of Something Else)
  7. The Maypole
  8. A Pacific Sonata
  9. The Cuckoo
10. Ship Of Fools

https://www.youtube.com/watch?v=uDYII20YbXQ