Sonntag, 22. Dezember 2013

TRAUMPFAD: AUFBRUCH

TRAUMPFAD die Dritte und bis dato letzte VÖ der bayrischen Rocker. Wieder einen Schritt weiter, den die Band gegangen ist. Ohrenscheinlich hat man sich stärker auf den textlichen Inhalt konzentriert und versteht die Musik eher als Vehikel von Aussagen, die inhaltlich auf alltägliche Situationen und menschliche Befindlichkeiten im politischen und religiös-spirituellen Raum Bezug nehmen. Aber der Reihe nach.
Erster Titel: SOL. Ein Klavierintro, die Gitarre steigt mit ein, der Sonnengesang beginnt mit einer Selbstreflexion des leben-und todspendenden Himmelskörpers. Es wird entsprechend energiegeladen gesungen und instrumentiert. Ein eingängiger Refrain tut sein Übriges. Ein proggiger Instrumentalteil schließt den Song kraftvoll ab. Was auffällt, ist das erfolgreiche Bemühen, gleich beim 1. Titel die Melodie als Stilelement wie beim 2. Werk "Die Kreise schließen sich" mit in den Vordergrund zu stellen. Und damit dem Sänger auch wieder die Chance zu geben zu singen und nicht wie beim Debut rezitierend die Instrumente zu begleiten.
 Ein schöner Einstieg mit leichtem Ohrwurmcharakter.
Der 2.Titel eröffnet mit ähnlichem Keyboardimotiv wie der Vorgänger. Mit dem Einstieg der Gitarre wird es allerdings einen Gang härter. Der Text nimmt den aufmerksamen Hörer gleich inhaltlich gefangen, weil er - der Text - ein uraltes und zugleich brandaktuelles Thema beackert: den "Segen" von Religionen, den diese über die Menschen vergießt. Mit "VERGEBUNG" ist ein kurzes, aber eindringliches Plädoyer gg. die Seelenverführer gelungen. Zitat:"...und in Kirchen und Moscheen beten Menschen...nur dieser eine Glaube, nur dieses eine Lied, nur dieses eine Zeichen, nur dieser eine Gott ist der...der dir vergibt" (Zitatende) - Gänsehaut!
 Dann wird es entspannender. Mit "AUF UNSERER REISE" spürt der Rezensent sich ein wenig an J.Distelmeyers Band  "Blumfeld" erinnert, zumindest textlich ("schließ die Augen zu, wir fahren durch die Nacht...").  Auch die Melodieführung lehnt sich an Blumfelds Stil an. Allerdings wird instrumental die hardrockigere Saite aufgezogen. Locker-kernig wird musiziert. Gefällig.
 Noch einen Gang härter geht's ab in die "ANGSTFABRIK". Man hat den Eindruck, "Deep Purple" hätte im Keller eines Aufnahmestudios einen Titel aus den Frühzeiten der Band  - etwa um "In Rock"-Zeiten - gefunden und entstaubt. Über ein für diese genannte Band typisches Riff versucht ein konsumkritischer Text  Zeichen gegen den Wahn zu setzen. Nur - frage ich mich - wenn auch die Musikfans anfangen umzudenken, wer kauft dann noch die Produkte von TRAUMPFAD et al? -  Der Abschluss des Stückes fällt hier ein wenig simplifiziert aus. Vier langgezogene Gitarrentöne, kurze Keyboardfingerübungen, nochmal Refrain, schrubbschrubbdaddadda - das war's. Schade für eine eigentlich gute Grundidee. Ein kleiner musikalischer Tiefpunkt.
 Besser wird's wieder mit ZU VIEL Ein kantig-hüpfendes Riff, prägnanter Rhythmus und eine eingängige Melodie gehen eine gut zu hörende Symbiose ein. Hinzu kommt ein zeitgeistkritischer Text,
der das Zuhören lohnt. Es geht qualitativ wieder nach Oben.
 Zum Beispiel auch bei VATER & SOHN. Wir sind etwa in der Mitte des Gescheherns und damit persönlicher im Text. Ein Vater verabschiedet sich von seinem Sohn und öffnet sein Herz. Gewandet in eine Ballade trifft die Musik den Geist des Textes und verstärkt die Gefühle des Vaters auf sensible, aber keineswegs kitschige Weise. Auch die auf der ersten CD schon zu bewundernde Anja Lange darf hier gegen Ende ihre tolle Stimme mit einbringen. Gänsehaut zum Zweiten!
DER NEUE WEG beginnt hardrockig und reflektiert die Last des Vergangenen der eigenen Biografie. Hymnisch wird die Möglichkeit eines neuen Weges beschworen. Da sind sie wieder, die Zutaten eines Progstückes wie Keyboardflächen, Gitarrensoli, Breaks,Tempowechsel. Alles gefällig komponiert. Kurz und knackig.
Weiter geht's in frohem Lauf mit DER 100. AFFE, was einer Beschreibung des sog. homo sapiens nahe kommt. Auch hier wird's hymnisch und leicht pathetisch, die Grenze zum Kitsch geschickt umschiffend.
Dann wird's mit dem WINTERSCHLAF naturalistisch und schildert das Werden und Vergehen auf diesem Planeten. Stellenweise gelingt nach meinem Geschmack das Umschiffen des Kitsches textlich nicht ganz. Es trieft zwar nicht gerade aus dem Lautsprecher, aber ein wenig platt hören sich die gefundenen Worte schon an. Musikalisch gestaltet sich das Geschehen solide rockig und durchaus abwechslungsreich ohne sensationelle Einfälle. Mit über 12 Minuten ein Longsong mit proggigem Anspruch, wobei nicht viele Elemente aus anderen Musikkulturen verwendet werden. Man bleibt sich insofern treu, dass man sich zur reinen Rocktradition bekennt. Ein schönes Klavieroutro bildet den Schluss.
Träumerisch-balladesk und mit sanfter Stimme vorgetragen wird der Verwandtschaft zweier Seelen gehuldigt, die in ZWEI SEELEN einen gemeinsamen Weg gehen. Keine Experimente, leichte Anklänge an PinkFloyd (Gitarrensolo) und einem ohrwurmverdächtigen Refrain.
Den Abschluss bildet noch ein Longsong. In OCTOPUSSY ÄTHER wird über ein Pianomotiv von eben diesem, dem Synthie und der Gitarre ganz relaxt und durchaus gekonnt improvisiert. Bassist Jonny Fogetter bringt sich zusammen mit Drummer Rudi Brandl sehr variabel ein.  Ein wenig Walking Bass bringt Leichtigkeit, lässt das Ganze nicht allzu schwer werden. Pink Floyd standen auch hier aweng Pate.

 Was bleibt als Fazit? Nach diesen 3 Werken - TRAUMPFAD, DIE KREISE SCHLIESSEN SICH und AUFBRUCH scheint die Band an einem Scheideweg zu stehen. Der Keyboarder M.Unterhuber hat die Band inzwischen verlassen und seit AUFBRUCH  (2010) gab's auch keine VÖ mehr.
Ich werde die Band weiter beobachten, weil ich denke, dass sie durchaus das Potenzial hat, den deutschsprachigen Progrock weiter zu entwickeln, wenn sie sich auf die Aufgabe konzentriert Text und Musik zu verschmelzen ohne in die Kitschfalle zu tappen. Ich wünsche ihr viel Erfolg dabei.

Anspieltipps: Sol, Vegebung, Octopussy Äther

Erhältlich bei: http://www.traumpfad.info

Die Band:
 Andreas Brandl             Schlagzeug/Komp.
 Marko Effenberger        Gitarre/Komposition
 Jonny Foggetter             Bass/Komp.
 Flo Huber                      Gesang/Komp.
 Matthias Unterhuber      Keys/Piano/Komp.


1. Sol 8:12
2. Vergebung 2:44
3. Auf unserer Reise 7:07
4. Angstfabrik 4:04
5. Zu viel 3:40
6. Vater und Sohn 3:40
7. Der neue Weg 5:01
8. Der 100. Affe 3:24
9. Winterschlaf 12:10
10. Zwei Seelen 7:01
11. Octopussy Äther   (Bonus-Titel) 10:55

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