Mittwoch, 7. Mai 2014

PROCOL HARUM: GRAND HOTEL

"A whiter shade of pale","Homburg","A salty dog" - wer kennt diese Evergreens  nicht. 1967 und ff. erschienen eroberten sie die diverse Radiohitparaden und manche Party erlebte damals ihren emotionalen Höhepunkt, wenn das Licht...

Man hatte bis dahin Ähnliches noch nicht gehört - bachähnliche Melodien, klassisches Piano und Orgel. Kaum E-Gitarre, kein damals typisches Beatgestampfe. - Und mit "Grand Hotel"(1973) knüpfen PH daran wieder an, nachdem die 2 Vorgänger-LPs eher gitarrenlastiger ausgefallen waren.

Pompös orchestral eröffnet der Titelsong das GrandHotel-Menue. Atmosphärisch werden wir in ein Hotel - 4/5-Sterne wohl - geführt und musikalisch darin in den dekadenten Luxus (Orchester + Chor, 3/4-Takt-was sonst) eingetaucht. Ein kurzes Gitarrensolo bringt uns die Erde wieder ein wenig näher.

Rockiger wird's mit "Toujours l'amour". Erinnert eher an Spät60er (Aaaah-Aaaahs!!) als an die 70er. Klingt heute etwas altbacken. Man bemerke - keine Ausblende!

"A rum tale" spricht für sich. Im 3/4-Takt erzählt der Pianist seine Geschichte. Kein Orchester und kein Chor ist zu hören Welche Geschichte? Sorry,mein Englisch...

In "T.V.Ceasar" singt Gary Brooker von "Mighty Mouse". Ich gehe davon aus, dass er damit nicht dem ballkickenden Kevin Keegan ein Denkmal setzen wollte. Nein, der Text passt irgendwie nicht zu Fußball. Jedenfalls wird wieder pompös aufgefahren und man kann im vollen Klangozean schwelgen und dabei einen Ohrwurm mitpfeifen - oder -gröhlen, besser singen. Man kann's auch lassen.

 Es wird klar, dass das Kreieren von eingängigen Melodien eine Stärke des Komponisten Brooker war. Ohne Peinlichkeiten oder Kitschfallen - meistens jedenfalls. Und immer wieder mit harmonischen Wendungen in barocke Klangwelten.

Relativ ungewöhnlich für Procol Harum was die Instrumentierung betrifft, zeichnet "A souvenir of London" aus. Rhythmisch sind sie in ihrem Gefilde (shuffle), aber soviel akustische Gitarre(n) überraschen mich schon. Ein Song, der mit Augenzwinkern rüberkommt und damit punkten kann. Ein kleines Highlight.
Wobei die gesamte LP/CD  Leichtigkeit mit ironischen Zügen durchzieht. Trotz Pomp und großen Gesten.

Rhythmisch stark akzentuert beginnt "Bringing home the bacon" um in ein - ja wie soll man's nennen -
scharfes Orgelmotiv zu münden, das sich ins Gehör förmlich fräst. Und nicht mehr loslässt.

Mit "For liquorice John" wird's depressiv und moll-ig. Leicht verfremdetes E-Piano und Orgel begleiten die etwas eintönige Gesangsmelodie mit krumtaktigen Unterbau. Insgesamt muss man dem Song einen starken Charakter zugestehen. Eigenwillig.

Ein barockes Thema mit weiblichem, scatähnlichem Lalala leitet "Fire (which burnt brightly") ein und verlässt den Hörer auch nicht mehr. Und darum herum entwickelt die Band wieder ihre Version von ArtPop mit barockklassischer Attitüde. Typischer geht's nicht.

Dann wird's wieder ironisch. Mit Latinorhythmik schwüler Natur geht's in "Robert's box". Was darin wohl passiert? Es ruft jemand nach dem Arzt, es bläst sich weiter auf und endet unspektakulär.

Nach dem spektakulären Beginn hätte man sich einen ebensolchen Abschluss gewünscht. Was lehrt und das? - Das Leben ist kein Wunschkonzert.(5 Knödel für das Phrasenschwein)

Wie sieht das Fazit aus? Es liegt ein Werk vor, das von melodieselig großem Pomp und schwulstig-schwülem Flair lebt. Zu seiner Zeit sicher eine singuläre Veröffentlichung, die heutzutage niemanden mehr aus der Fassung bringt und deshalb mehr den nostalgisch gestimmten Hörer erfreuen kann als den jung-dynamischen, neugierigen Rockhörer. Aber wer weiß das schon...

http://www.procolharum.com/

Die Band:

Gary BrookerGesang, Klavier
Alan CartwrightBass
B.J. WilsonSchlagzeug, Mandoline
Mick GrabhamGitarre
Chris CoppingOrgel

 Titel:

1.Grand Hotel6:09
2.Toujours l'Amour3:30
3.A Rum Tale3:18
4.T.V. Ceasar5:49
5.A Souvenir of London3:20
6.Bringing Home The Bacon4:18
7.For Liquorice John4:24
8.Fires (Which Burnt Brightly)5:09
9.Robert's Box

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